Gynäkologische Operationen oder die Diagnose Brustkrebs bedeuten nicht nur einen heftigen Einschnitt für den Körper, sondern auch für die Seele der Frau. Psychologische Unterstützung und die Hilfe des Partners und der Familie sind wertvolle Faktoren, um betroffene Frauen vor einer Lebenskrise zu schützen.
Ich bin in ein tiefes Loch gefallen“, erzählt Manuela R. (33). Die Bankangestellte wusste seit Jahren von einem Myom, einem gutartigen Tumor in der Gebärmutterwand. Nie hatte sie Beschwerden, doch dann stellte der Gynäkologe fest, dass das Myom gewachsen war. Er riet zu einer Hysterektomie, einer Gebärmutterentfernung. Für die Frau ein riesiger Schock, obwohl sie schon eine Tochter hatte. „Nicht nur die Diagnose war furchtbar, sondern vor allem der Moment, als mir klar wurde, dass mein Mann und ich keine Kinder mehr bekommen können. Nach der Operation habe ich mich nicht mehr als Frau gefühlt, obwohl sich äußerlich nichts verändert hat“, schildert Manuela R. ihre Erfahrungen.
Christine F. (62) verfiel nach einer Mastektomie, bei der ihr eine Brust entfernt wurde, in eine schwere Depression. „Ich habe meinen Körper gehasst und auch geglaubt, dass mich mein Partner hasst“, erzählt sie.
Lebenskrise droht
Speziell bei Brustkrebs, aber auch bei gynäkologischen Operationen wie an Gebärmutter oder Eierstöcken gerät das Selbstbild der betroffenen Frauen in eine starke Schräglage. Ob es durch eine Organentfernung zu einer inneren oder wie bei einer Brustentfernung zu einer äußeren Veränderung kommt, macht dabei wenig Unterschied. Die Betroffenen fühlen sich nicht mehr „ganz“ und rutschen nach einer solchen Diagnose sehr häufig in eine Lebenskrise, in der sich alles um eine zentrale Frage dreht: „Bin ich noch eine Frau?“
Dr. Alexandra Fuchs, klinische und Gesundheitspsychologin am AKh Linz, hat bei ihren Patientinnen schon viele verschiedene Folgen von gynäkologischen Diagnosen erlebt. „Es können Ängste entstehen, wie sich die körperliche Veränderung durch die Operation beispielsweise auf das Selbstbild und die Sexualität auswirkt. Aber auch der Haarausfall durch eine Chemotherapie kann zu einem Gefühl des Verlustes der Weiblichkeit mit verringertem Selbstwertgefühl führen“, sagt Dr. Alexandra Fuchs. Die psychischen Reaktionen reichen – neben Akzeptanz der Diagnose – von Trauer, Wut, Ärger über Verlustempfinden bis hin zu depressiven Anpassungsstörungen, mit der neuen Situation leben zu müssen. Depressionen mit Antriebslosigkeit und sozialem Rückzug oder sexuelle Probleme sind mögliche Symptome.
Ängste ernst nehmen
„Wenn eine Frau bemerkt, dass sie sich mit so einer Situation und den Folgen psychisch überlastet fühlt, sollte sie möglichst frühzeitig psychologische Beratung in Anspruch nehmen. Diese kann im Krankenhaus von den Patientinnen jederzeit verlangt werden. Nicht nur nach einer Operation, sondern bereits bei der Erörterung der Diagnose“, rät Dr. Fuchs. Hilfe bieten sowohl Psychologen als auch der Partner und Freunde. Wichtig ist, dass die Angehörigen die Ängste der Betroffenen ernst nehmen und nicht bagatellisieren. Speziell der Partner sollte sich über die Erkrankung und die Behandlung seiner Partnerin informieren und sie in diesem Sinne auch unterstützen. „Wichtig ist, dass die Thematik nicht ignoriert wird oder der Partner beschwichtigt. Einfach zuhören ist oft die beste Unterstützung, welche die Partnerin in dieser Situation brauchen kann“, erklärt die Psychologin. Tritt nach einer Operation eine psychische Erkrankung auf, können die behandelnden Ärzte auch Psychopharmaka verschreiben, wie beispielsweise Antidepressiva oder Medikamente gegen Angstzustände. Aber so weit sollte es, wenn die betroffenen Frauen entsprechende Hilfe und Unterstützung von ihren behandelnden Ärzten, Partnern, der Familie und Freunden erhalten, nicht kommen.
Nachbetreuung
In den meisten Krankenhäusern gibt es klinische beziehungsweise Gesundheitspsychologen. Die bieten eine Betreuung in Form von regelmäßigen Beratungsgesprächen, Entspannungstrainings oder beispielsweise Biofeedback-Behandlungen an. In den meisten Fällen gibt es Beratungsmöglichkeiten auch für Angehörige und Paare.
Mag. Kornelia Wernitznig
März 2013
Foto: Bilderbox, privat
Kommentar
„Nach einer Diagnose wie Brustkrebs oder einer Gebärmutterentfernung ist eine frühe psychologische Beratung wichtig, um betroffene Frauen auffangen und betreuen zu können. Sehr wichtig ist es auch, dass der Partner die Ängste seiner Partnerin ernst nimmt.“
Mag. Dr. Alexandra Fuchs
Leiterin der Abteilung für Klinische- und Gesundheitspsychologie, AKh Linz