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Stressfreie Adventzeit

Stressige AdventzeitAdvent und Weihnachten ist eine Zeit voller Widersprüche. Anspruch und Realität klaffen weit auseinander. Zum einen ist da die romantische Vorstellung, diese Tage mit Besinnlichkeit, mit Harmonie und Vorfreude zu füllen, zum anderen führen Hektik, Konsumzwang und eine geballte Ladung familiärer Nähe zu Beziehungskrisen, Konflikten und Verstimmungen.

 

Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich, dass für viele Menschen mit dem Advent eine Zeit der Unruhe und Hektik beginnt. Geschenke müssen beschafft, das Weihnachtsfest geplant und vorbereitet, ein Baum gekauft und geschmückt werden. Zusätzlich gilt es unerledigte Arbeiten im Job abzubauen, man will schließlich den Ballast der vergangenen Monate nicht mit ins neue Jahr schleppen.

 

 

Konflikte unterm Christbaum

Zu viele anstehende Aufgaben lassen keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Stress macht müde und gereizt und lässt Spannungen eskalieren. „Das geht vielen Menschen so. Es ist deshalb kein Wunder, dass es gerade zu den Feiertagen in vielen Familien kracht. Wenn unsere Energie nachlässt, werden wir besonders reizbar und ein Funke kann genügen, das Pulverfass zur Explosion zu bringen“, sagt Psychologe und Therapeut Maximilian Schallauer. Streit gerade in der „ruhigsten Zeit des Jahres“ wiederum empfinden viele als besonders schmerzhaft, widerspricht es doch den eigenen Erwartungen nach Harmonie und Frieden.

 

Weihnachten ist ein Familienfest. Eine Ursache für viele Konflikte liegt aber genau hierin, es ist die ungewohnte Nähe aller Familienmitglieder. Sobald der Urlaub der Berufstätigen beginnt, drängen sich alle Familienmitglieder plötzlich in den vier Wänden. „Das braucht einige Zeit der Gewöhnung. Es ist immer wieder eine neue Situation, wenn plötzlich alle beisammen sind“, sagt Schallauer.

 

Weihnachtstage mit der Familie können vor allem für Männer und Frauen, die voll im Beruf aufgehen, schwierig sein. Plötzlich ist man tagelang mit der Familie beisammen. Eine ungewohnte und konfliktträchtige Situation für alle Beteiligten. „Manchmal bekommt man als Berufstätiger dann das Gefühl, dass man gar nicht mehr dazu gehört“, so Schallauer.

Zu hohe Erwartungen

Weihnachtsstress ist oft selbst gemacht. Viele Menschen meinen, ein „perfektes" Weihnachtsfest ausrichten zu müssen. Überzogene Ansprüche an sich selbst und Erwartungen an andere bauen Spannungen auf. „Spannungen bedeuten Konfliktpotential. Oft reichen Kleinigkeiten aus und die negative Energie wird entladen. Da bietet sich die eigene Familie ideal als Blitzableiter“, sagt Schallauer. Diese Neigung zu Konflikten sei natürlich. Die in diesen Situationen gefragte Konfliktfähigkeit vermisst der Beziehungstherapeut aber in zunehmendem Maße. „Die Menschen sind heute kaum mehr in der Lage, mit Konflikten umzugehen.“

Frieden schließen

Schallauer rät, sich in der Adventzeit unerledigten Beziehungsgeschäften zu widmen. Man solle sich fragen: Gibt es etwas zu bereinigen, auszureden, zu verzeihen? „Dann sollten Sie es jetzt tun, damit auch innerlich Frieden einkehren kann. Nützen Sie also diese Tage, um Ihre Liebesfähigkeit zu üben. Wenn jemand sein Herz öffnet, kann er damit andere anstecken. Das Schöne daran: Liebe ist eine aktive, gebende Kraft, die sogar stärker wird, wenn sie geteilt werden kann“, so der Therapeut.

Weihnachten früher beginnen

Eine Möglichkeit, die Zeit vor dem Jahreswechsel entspannter zu gestalten und zu entschleunigen ist, Weihnachten früher zu beginnen. Es gilt, in der Familie das Thema Weihnachten frühzeitig zu besprechen und zu planen. „Man sollte sich aussprechen, was man erwartet, wie es einem geht, wenn man an Weihnachten denkt und vor allem sollten die heiklen Themen, die jedes Jahr zu Streit führen, frühzeitig bereinigt werden. Sonst hat man zur Bescherung die Bescherung“, sagt Schallauer.

 

Hilfreich sind auch frühzeitige Vorbereitungen auf die Feiertage. Vor allem Absprachen mit der Großfamilie, wer wen an welchen Tagen besucht, vermeiden Terminkollisionen, Missverständnisse und Enttäuschungen.

Geschenke frühzeitig besorgen

Alle Jahre wieder wird der Stress größer, je näher Weihnachten rückt. Es wird krampfhaft überlegt, was man sich wünschen und vor allem was unter dem Weihnachtsbaum liegen sollte, damit die Kinder, der Partner, die Eltern und all die anderen Personen, die man meint, beschenken zu müssen, nicht enttäuscht werden. Erfolgen diese Überlegungen erst spät und mit Blick auf die rasch verfliegenden Dezembertage, erzeugt das Druck. Man sollte daher frühzeitig über Geschenke nachdenken und sprechen. „Wer sich am 23. Dezember darüber den Kopf zermartert, was er bloß kaufen soll, wird am 24. wohl kaum entspannt sein“, so Schallauer.

 

Wer Geschenke schon das Jahr über sammelt und versteckt aufbewahrt, kann sich entspannt zurücklehnen, wenn die Massen die Einkaufsstraßen und Konsumtempel stürmen. Eine Alternative zum Kaufhaus ist auch der Einkauf per Internet. Aber auch hier gilt: Rechtzeitig bestellen, um die Ungewissheit zu vermeiden, ob das Geschenk noch vor dem 24. Dezember geliefert wird.

 

Frühzeitig sprechen sollte man auch über die Möglichkeit, sich diesmal gegenseitig gar nichts Materielles zu schenken. „Hat man sich bisher beschenkt, dann müssen alle dafür sein, das heuer zu ändern. Das muss man sich natürlich vorher ausmachen“, so Schallauer.

Zeit und Zuwendung schenken

Statt materieller Geschenke oder zusätzlich zu dem ein oder anderen Packerl kann man auch „sich selbst“ verschenken. Also seine Lebenszeit verschenken, sie mit Personen teilen, die einem wertvoll sind. Ein Geschenk ist schließlich mehr als der Wert der Sache. So kann man sich als Geschenk etwa die Zeit nehmen, um sich mit jemandem zu beschäftigen, mit ihm zu spielen, einen Ausflug, einen Kurzurlaub zu machen.

Perfektion loslassen

Um Stress zu vermeiden, sollte man sich bewusst sein, dass eine gewisse Aufgeregtheit und Aktivität in der Weihnachtszeit nicht zu vermeiden ist und dies als gegeben hinnehmen. Kinder sind zu Weihnachten meist sehr aufgeregt und dadurch lauter als sonst. Nicht als gegeben hinnehmen sollte man den selbst auferlegten Druck, alles perfekt machen zu müssen. Den Leistungsgedanke des Alltags sollte man wenigstens zu Weihnachten abschütteln.

 

Weihnachten frühzeitig zu beginnen und damit stressärmer zu gestalten, kann auch heißen, dass man sich schon in den Wochen davor bewusst auf eine besinnliche Zeit einstellt. Man kann etwa zuhause und im Büro etwas Weihnachtliches anbringen. Düfte, einen Kranz oder einfach eine Kerze. Tee, Kekse, Mandarinen. Weihnachtssymbole kann man als Anstoß für sich selbst nützen, um etwas langsamer zu werden, um sich positiv einzustimmen.

 

Webtipp: www.beziehungsarbeit.at

 

Dr. Thomas Hartl
Dezember 2010


Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020