Sie suchen Arzt um Arzt auf, in der festen Überzeugung an einer unentdeckten Krankheit zu leiden. Von der Gesellschaft werden sie häufig belächelt und abschätzig als „Hypochonder“ bezeichnet: Menschen, bei denen die Angst vor der Krankheit allgegenwärtig ist.
„Eine kurzfristige verstärkte Zuwendung zum eigenen Körper, hervorgerufen durch aktuelle Belastungssymtome – diese kurzfristige Form der hypochondrischen Angst trifft viele Menschen einmal“, erklärt Oberärztin Dr. Hertha Mayr vom Zentrum für Psychosomatik an der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz. „Bleibt die übertriebene Angst allerdings über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus bestehen und verweigern die Betroffenen jegliche Bestätigung ihrer Gesundheit durch den Arzt, kann man von einer hypochondrischen Erkrankung sprechen.“
Man geht davon aus, dass bei der Entstehung der Hypochondrie sowohl soziale und psychische, aber auch biologische Faktoren eine Rolle spielen. „Prinzipiell gibt es keine Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit der Erkrankung hinsichtlich des Geschlechtes, die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten“, so Mayr. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung, die den praktischen Arzt aufsuchen, leiden an hypochondrischen Symptomen. Viel höher ist die Zahl jener, die zumindest zeitweise mit hypochondrischen Ängsten zu kämpfen haben, jedoch fähig sind, sich selbst auch wieder anderen Dingen als ihrem Körper zuzuwenden.
Die Behandlung einer Hypochondrie erfolgt vorwiegend psychotherapeutisch. „Allerdings gestalten sich hier die Anfänge der Therapie eher schwierig, da die Betroffenen grundsätzlich ja einen körperlichen Behandlungswunsch hegen und eine Psychotherapie deshalb nicht für zweckdienlich halten“, berichtet die Medizinerin.
Für die Umwelt gilt auf jeden Fall, sich nicht leichtfertig über die Ängste des Erkrankten lustig zu machen und zu erkennen, dass diese Situation für die Betroffenen eine permanente Einschränkung der gewohnten Lebensqualität bedeutet. Nur wenn sich die Betroffenen auch ernst genommen fühlen, ebnet sich möglicherweise der Weg zu einer therapeutischen Behandlung. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich die Patienten sozial isolieren und somit eventuell andere psychische Erkrankungen wie beispielsweise eine Depression hinzukommen. Auch wenn sich ein an Hypochondrie erkrankter Mensch sein körperliches Leiden „nur einbildet“: Es bleibt doch die Tatsache, dass die Angst für diese Menschen sehr belastend und einschränkend ist. Sie müssen erst wieder lernen, „ihr Leben und ihren Körper als gesund wahrzunehmen“, erklärt Mayr.
Cornelia Schobesberger
August 2006
Foto: Bilderbox