In oberösterreichischen Kindergärten ist rund jedes vierte Kind verhaltensauffällig. Um psychischen Erkrankungen im Erwachsenalter entgegen zu wirken, bietet der Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit (PGA) in Kooperation mit dem Fonds Gesundes Österreich, dem Land OÖ und der OÖGKK kostenlose Präventionsprogramme für Kinder und Eltern.
Trennung der Eltern, Konflikte unter Geschwistern, ein Todesfall in der Familie – psychische Belastungen treten bereits im Kindesalter auf. Der PGA setzt deshalb mit dem Projekt „Mobile Psychologinnen“ bei den ganz Kleinen an. „Kinder können noch sehr leicht gesundes und soziales Verhalten lernen, gleichzeitig profitieren sie am längsten davon“, erklärt Dr. Karin Stöger-Lindorfer, leitende Psychologin vom Land OÖ. „Damit können wir Probleme von morgen heute noch abfangen. Investitionen in die psychosoziale Gesundheit unserer Kinder, sind immer auch Investitionen in die Zukunft.“
Chancengleichheit für einen guten Start ins Leben
Noch bis Sommer 2013 können Eltern und Kinder an kostenlosen „Präventionsvormittagen“, und Elternabenden im Kindergarten teilnehmen. Je nach Bedarf können Mobile Psychologinnen von Kindergartenpädagoginnen beim PGA angefordert werden, um Kindern spielerisch beizubringen, eigene und fremde Gefühle zu erkennen und damit umzugehen. „Das beginnt mit Kleinigkeiten. Kinder haben etwa Probleme, Mimik richtig zu deuten und dementsprechend auch damit umzugehen. Das ist eine der sozialen Kompetenzen, die unsere Mobilen Psychologinnen schulen“, erklärt Projektleiterin Dr. Ilona Schöppl (PGA) das Konzept. Fähigkeiten, die bereits im Kindesalter erlernt werden, können psychische Erkrankungen im Erwachsenalter effektiv vermeiden. „Kinder haben keine Lobby, um auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Sie gehören damit zu den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft. Mit diesem Beitrag leisten wir einen Beitrag um gesundheitliche Chancengleichheit herzustellen – für einen guten Start ins weitere Leben.“
Vernetzung von Eltern und ExpertInnen
Zusätzlich bieten die Mobilen Psychologinnen Elternabende und Elterngespräche im jeweiligen Kindergarten an, um auch deren soziale Kompetenz zu stärken. Das Projekt startete im Juni 2012. Die Zwischenbilanz zeigt, dass Eltern diese Chance gerne nützen, um sich kostenlos mit einer Psychologin zu Erziehungs- bzw. Entwicklungsfragen auszutauschen. Selbstverständlich sind all diese Angebote freiwillig. Eine Mobile Psychologin arbeitet nur mit Kindern, deren Eltern eine Einverständniserklärung dazu abgeben. Sollten sich besondere Auffälligkeiten zeigen, geben die Mobilen Psychologinnen Handlungsempfehlungen zum weiteren Vorgehen oder stellen den Kontakt zu geeigneten Experten her.
Kindergesundheitsstrategie gegen gesundheitliche Ungleichheit
Das Projekt orientiert sich an der Kindergesundheitsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit. Ziel ist es, Kindern rasche psychosoziale Hilfe zur Verfügung zu stellen, wenn diese benötigt wird. Von etwa 40.000 oberösterreichischen Kindergartenkindern sind zwischen 20 und 25 Prozent von Verhaltensauffälligkeit betroffen (Textor, Martin 2006; Kindergartenpädagogik; In: Erich Stutzer, Hrsg.: Praxisratgeber Kindergartenbetreuung. Merching: Forum Verlag Herkert, 2006) – Tendenz steigend. Vor allem Kinder, die vielen Belastungen ausgesetzt sind, leiden unter gesundheitlicher Ungleichheit. Dem will dieses Projekt Abhilfe schaffen, indem bereits im Vorfeld kostenlose Unterstützung angeboten wird.
Dr. Maria Dietrich (PGA), Mag. Christian Boukal
März 2013
Foto: Bilderbox