Lungenhochdruck ist eine seltene und komplexe Erkrankung, deren Diagnostik und Therapie hoch spezialisierte Untersuchungen und individuelle Behandlungsformen erfordern. Unerkannt endet Lungenhochdruck schon nach wenigen Jahren tödlich. Die Betroffenen kämpfen nicht nur mit starker funktioneller Einschränkung, auch ihre Psyche und das soziale Leben sind stark beeinträchtigt.
Lungenhochdruck, auch Pulmonale Hypertension genannt, kann zwar jeden treffen, tritt jedoch selten auf. „Leider gibt es in Österreich kein allgemeines Krankheitsregister, genaue Zahlen sind daher nicht bekannt. Man vermutet rund 500 lebende Patienten“, sagt Univ.-Prof. Dr. Irene Lang, Kardiologin am Wiener AKH.
Lungenhochdruck ist eine Erkrankung des Lungengefäßsystems. Es gibt mehrere Formen der Erkrankung. Lungenhochdruck kann – stark vereinfacht – so beschrieben werden: In der Lunge herrscht normalerweise niedriger Druck und ein sehr geringer Strömungswiderstand, damit das Blut auch unter Belastung ohne erheblichen Druckanstieg durch die Lunge fließen kann. Wenn Lungengefäße verloren gehen, ist die Gefäßreserve bald aufgebraucht und es kommt zunächst bei Belastung und später in Ruhe zu einem Ansteigen des Druckes. Die rechte Herzhälfte pumpt fortan gegen einen Widerstand - vergleichbar mit einem gefüllten Gartenschlauch, dessen Ende zugehalten wird. Dabei vergrößert sich die rechte Herzkammer bis das Herz schließlich versagt.
Symptome schwer erfassbar
Die Hauptbeschwerden sind Atemnot bei Belastung, Brustschmerzen, Schwindel, Müdigkeit. Beschwerden, die wenig charakteristisch sind und auch bei anderen Herz- und Lungenerkrankungen vorkommen. Häufig wird die Krankheit daher nicht erkannt und die Atemnot wird auf andere Faktoren wie mangelnde körperliche Fitness, Übergewicht oder starkes Rauchen zurückgeführt.
Lungenhochdruck beginnt unspektakulär. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, man gerät rasch außer Atem, fühlt sich schlapp. „Symptome, die bei vielen Erkrankungen vorliegen und wenig aussagen. Verdacht auf Bluthochdruck liegt vor allem dann vor, wenn die Atemnot nicht auf eine der anderen, viel häufigeren Erkrankungen zurückzuführen ist", so Lang. Erst im fortgeschrittenen Stadium liefern Lungenhochdruck-Patienten folgende eindeutige Befunde:
- Blaufärbung der Haut, insbesondere Lippen und Finger
- Wassereinlagerung in den Beinen und/oder im Bauch.
Faktor Zeit entscheidet
Bei Verdacht auf Lungenhochdruck sollte sofort an eine Spezialabteilung für Lungenhochdruck überwiesen werden (diese bestehen an den Unikliniken in Wien, Graz und Innsbruck). Meist dauert es aber zwei bis drei Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. 80 Prozent der Patienten befinden sich dann schon im dritten, weit fortgeschrittenen Stadium der Krankheit, in dem bereits irreversible Gefäßverschlüsse vorliegen. „Nehmen Sie daher Atemnot immer ernst und zögern Sie nicht, einen Facharzt zu konsultieren“, rät Lang.
Risikogruppen
Zur Risikogruppe gehören vor allem Menschen mit bereits betroffenen Familienangehörigen (ersten Grades). Weiters Menschen mit angeborenen Herzerkrankungen, Menschen, denen die Milz entfernt wurde, und HIV-Kranke. Auch Leberzirrhose, Sklerodermie (Bindegewebsverhärtung), wiederkehrende Lungenembolien, Thrombosen und bestimmte entzündliche Darmerkrankungen sind Risikofaktoren. Auch die Einnahme von Appetitzüglern kann ein Auslöser sein. „Solche Appetitzügler sind in Österreich zur Zeit aber nicht zugelassen“, beruhigt die Kardiologin.
Vorbeugung ist nicht möglich, da die Ursachen der Krankheit noch nicht im Einzelnen bekannt sind. „Nur Früherkennung ist möglich, aber die ist extrem schwierig“, so Lang. Ihr Rat: Personen, die zu einer Risikogruppe zählen, sollten regelmäßig ein Echoscreening (Herzultraschall) erstellen lassen. Diese Voruntersuchung kann eine Früherkennung ermöglichen.
Therapie
Es gibt verschiedene Formen des Lungenhochdrucks und daher sind auch verschiedene Formen der Therapie nötig und möglich. Mit der Diagnose ist die Information verbunden, dass die Erkrankung unheilbar ist. „Es ist eine zweifellos katastrophale Krankheit und in vielen Fällen endet sie tödlich. Sehr wohl heilbar ist aber die Pulmonale Hypertension infolge chronisch thrombotischer Erkrankungen. Rund die Hälfte dieser diagnostizierten Patienten können operiert werden und 90 Prozent davon können mit einer Operation der Gefäßverschlüsse geheilt werden“, erklärt die Expertin.
Ziel der derzeit verfügbaren Medikamente für Lungenhochdruck ist nicht Heilung, sondern Besserung der Lebensqualität und Gewinn an Lebenszeit. Die Therapie erfolgt mit Tabletten, Infusionen und Insulinpumpen, die ein Medikament aus der Gruppe der Prostaglandine abgeben. Manche Betroffene führen diese Pumpen ständig in einer Bauchtasche oder in einem Rucksack mit sich. „Die Lebenserwartung kann dadurch um Jahre oder auch Jahrzehnte erhöht werden. Eine richtige Behandlung ist sehr effektiv, aber teuer“, so Lang. Die Ärztin setzt große Hoffnung auf die Entwicklung neuer Medikamente: „Zur Zeit werden neue orale Medikamente entwickelt und es wird an Medikamenten geforscht, die sich um einen Gefäßumbau in der Lunge bemühen.“
Psychische und soziale Belastung
Nicht nur die körperliche Eingeschränktheit und das Bewusstsein an einer tödlichen Krankheit zu leiden belasten die Betroffenen. Es kommt zu psychischen und sozialen Folgen, die die Lebensqualität drastisch reduzieren. Viele Patienten sind von Ängsten oder Depressionen betroffen. Da die Krankheit äußerlich nicht erkennbar ist, werden Betroffene mitunter als Simulanten oder Hypochonder bezeichnet, mitunter auch innerhalb der eigenen Familie. Betroffene vereinsamen, sie bleiben allein mit sich und ihrer Krankheit. Sie können normalen alltäglichen Arbeiten (Hausarbeit, Einkäufe, Kinderbetreuung) nicht mehr nachgehen und fühlen sich nutzlos. Probleme in der Partnerschaft entstehen, da gemeinsame Aktivitäten nicht mehr ausgeübt werden können oder sich vor allem weibliche Patientinnen durch das ständige Tragen einer Pumpe nicht mehr attraktiv fühlen.
Weil jeder Infekt und jede Grippe gefährlich ist und im Spital enden kann, werden Menschenansammlungen und öffentliche Orte (Verkehrsmittel, Restaurant, Kino etc.) gemieden. Sportliche Betätigung ist aufgrund der Atemnot und der Schwere der Beine kaum möglich. Banale Operationen, wie etwa eine Meniskusoperation nach einer Sportverletzung können lebensgefährlich sein.
Eva Grassmugg von der Patientenvereinigung Lungenhochdruck: „Da Lungenhochdruck zu den seltenen Krankheiten gehört, fühlen sich die Patienten oft alleine und im Stich gelassen. Viele Therapien sind mit starken Schmerzen verbunden und Patienten leiden unter extremen Nebenwirkungen. Durch blutverdünnende Medikamente werden Patienten zu Blutern. Eine Schwangerschaft ist für Frauen mit Lungenhochdruck unmöglich, da lebensbedrohlich und so bleibt der Kinderwunsch unerfüllt. Darunter leiden viele junge Frauen.“
Grassmugg wünscht sich mehr Verständnis für die Betroffenen: „Durch den Leistungsverlust müssen viele Patienten in Frühpension gehen oder sie verlieren durch die vielen Krankenstände ihren Job. Daraus resultieren oft finanzielle Schwierigkeiten. Anträge für soziale Leistungen werden oft abgelehnt, da dem zuständigen Arzt die Krankheit unbekannt ist beziehungsweise man dem Patienten die Schwere der Krankheit äußerlich nicht ansieht.“
Links
www.lungenhochdruck.at
www.meilensteine.at
Dr. Thomas Hartl
September 2010
Foto: Bilderbox