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Zystische Fibrose: Gefährliche „Verschleimung“

Zystische Fibrose: Gefährliche VerschleimungSalzig schmeckender Schweiß bei Frühgeborenen, chronischer Husten oder Untergewicht – die Symptome der zystischen Fibrose sind vielfältig und verlaufen leider noch immer tödlich. Was es mit der häufigsten angeborenen und vererbbaren Stoffwechselerkrankung auf sich hat und wie man betroffenen Kindern am besten hilft, erklärt Dr. Maria Bauer von der Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz.

Unsere Organe funktionieren so selbstverständlich, dass man sich kaum Gedanken darüber macht. Fehlt jedoch ein „Glied in der Kette“, kann dies schwere Auswirkungen haben – wie die „zystische Fibrose“ (CF) vor Augen führt. Sie wird auch als Mukoviszidose bezeichnet und ist die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung, die vererbt wird. „Bei der weißen Bevölkerung ist etwa eines von 2.000 bis 3.000 Neugeborenen betroffen“, erklärt Dr. Maria Bauer von der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde der Landes-Frauen- und Kinderklinik in Linz.

Gendefekt auf Chromosom 7

Warum man an Mukoviszidose (mucus = lat. „Schleim“, viscidus = lat. „zäh“) erkrankt, hängt mit einem „Fehler“ auf einem bestimmten Gen zusammen. „Die Ursache des genetischen Stoffwechseldefekts liegt auf Chromosom 7. Ist dieses Gen verändert, ist die Funktion der exokrinen Drüsen des Körpers beeinträchtigt. Das sind jene Drüse, die Sekret bilden“, so die Medizinerin. Der Gendefekt wird autosomal-rezessiv vererbt. Das heißt, dass ein Kind nur dann erkranken kann, wenn es das defekte Gen von beiden Elternteilen vererbt bekommt.

Zäher Schleim fließt schwer ab

Welche Auswirkungen der Gendefekt im Konkreten hat, beschreibt Bauer folgendermaßen: „Die Symptome ergeben sich aus der Fehlfunktion des jeweiligen Organs und treten überall dort auf, wo Organe Sekret bilden. Mukoviszidose ist eine Erkrankung, die vielfältige Symptome hervorruft. Diese sind jedoch von Patient zu Patient verschieden und hängen von der Mutation ab“, erklärt Bauer. Da es über 1.600 unterschiedliche Mutationen gibt, ist der Krankheitsverlauf individuell. Bei vielen Betroffenen ist das Bronchialsekret verdickt, sodass es sich in die Bronchien zurück staut. Dadurch ist nicht nur die Lungenfunktion beeinträchtigt, auch Atemwegsinfektionen treten vermehrt auf. „Der Schleim kann nur erschwert abtransportiert beziehungsweise abgehustet werden und ist ein idealer Nährboden für Erreger“, erklärt die Ärztin. Aber auch das Gallensekret, das in der Leber gebildet wird, ist eingedickt. Es kann die Leber schädigen und im schlimmsten Fall zur Leberzirrhose (Schrumpfung der Leber) führen.

Dickflüssiges Sekret zerstört Bauchspeicheldrüse

Darüber hinaus wird bei einigen Patienten auch die Bauchspeicheldrüse in Mitleidenschaft gezogen. Bauer: „Das Bauchspeicheldrüsensekret ist zu dickflüssig und verstopft die Gänge der Drüse. Es tritt in weiterer Folge ins Gewebe aus, wodurch Zysten entstehen beziehungsweise das Organ fibrosiert. Daher auch der Name zystische Fibrose. Die Bauchspeicheldrüse wird also sehnig beziehungsweise es bilden sich Gewebestränge, sodass das Organ mit der Zeit nicht mehr richtig funktioniert.“ Ist die Bauchspeicheldrüse bereits stark geschädigt, kann sich zudem ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) entwickeln, weil die Drüse das Hormon Insulin nicht mehr produzieren kann. Das Bauchspeicheldrüsensekret enthält aber auch Enzyme, die für die Fettverdauung wichtig sind, die dann fehlen. Ohne Ersatz von Verdauungsenzymen würden Patienten unter Blähungen, Bauchschmerzen oder chronischen Durchfällen und in weiterer Folge auch an Untergewicht leiden.

Darmverschluss bei Neugeborenen

„Bei einigen Neugeborenen äußert sich die Erkrankung bereits kurz nach der Geburt durch einen Darmverschluss. Ursache ist, dass der erste Stuhl, das Mekonium, dick wie Pech ist“, so die Leiterin der CF-Ambulanz an der Linzer Frauen- und Kinderklinik. Ein weiteres Indiz bei Neugeborenen ist der salzig schmeckende Schweiß, der durch die gestörte Funktion der Schweißdrüsen entsteht.

Diagnose mittels Genanalyse

Diese erhöhte Elektrolytkonzentration im Schweiß, genau genommen handelt es sich um Chlorid, liefert auch einen wichtigen Hinweis auf die Erkrankung. Mit einer Genanalyse lässt sich die Mutation nachweisen und die Diagnose sichern. „In Österreich werden Neugeborene im Rahmen des sogenannten PKU-Testes (Phenylketonurie-Test) auf diese Stoffwechselerkrankung gescreent“, weiß die Ärztin.

Nicht heilbar, aber gut behandelbar

Eine zystische Fibrose ist noch nicht heilbar. Bauer: „Die Lebenserwartung der Betroffenen liegt heute allerdings bei 33 plus, in den 1990er Jahren lag sie noch unter 15 Jahren.“ Diese Tatsache ist auf die verbesserte Behandlung zurückzuführen, die auf drei Säulen basiert: Vitamin- und Enzymersatz, Atemtherapie und Inhalationen sowie eine frühzeitige Antibiotikatherapie. Da durch die gestörte Funktion der Bauchspeicheldrüse wichtige Verdauungsenzyme fehlen, müssen diese in Kombination mit fettlöslichen Vitaminen ersetzt werden. Zudem müssen Betroffene auf eine hochkalorische Ernährung achten. „Der Kalorienbedarf liegt bei etwa 130 Prozent im Vergleich zu dem von gleichaltrigen, gesunden Kindern“, sagt die Medizinerin. Aber auch Inhalationen und das Erlernen von Atemtechniken, die das Abhusten des Schleims erleichtern, müssen täglich durchgeführt werden. Für die Inhalationen werden bestimmte Medikamente verabreicht, die die Bronchien erweitern und das schleimige Sekret dünnflüssiger machen. Zudem rät Bauer zu einer frühzeitigen Einnahme von Antibiotika bei Infekten der Atemwege: „Je früher, umso besser, weil sich Bakterien gerne im Bronchialschleim ansiedeln und sich schnell ausbreiten und vermehren.“ Alle Therapiemaßnahmen zielen darauf ab, die Symptome zu lindern und den Fortschritt der Erkrankung zu verlangsamen.

MMag. Birgit Koxeder

Jänner 2011

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020