Vor Weihnachten startet die „Hochsaison des Schenkens“. Es ist eine Art der Kommunikation beziehungsweise ein Beziehungsangebot und drückt dadurch Nähe aus. Durch gegenseitiges Schenken fühlen wir uns miteinander verbunden, erklärt Primar Dr. Anton Tölk, Leiter des Instituts für Psychotherapie an der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg.
„Schenken ist sozusagen eine alte Symbolik der Zuneigung, der Freude oder der Dankbarkeit“, sagt Tölk. Somit drücken wir durch das Schenken eine soziale Wertschätzung aus. Geschenke können aber auch Ausdruck von Abhängigkeiten sein oder aber Aufmerksamkeit erwecken, was beispielsweise auf Werbegeschenke zutrifft. „Auch gibt es so genannte Danaergeschenke, die Unheil bringen wie etwa das Trojanische Pferd in der griechischen Mythologie“, so der Mediziner.
Ausdruck immaterieller Werte
Mit einem Geschenk werden gleichzeitig auch immaterielle Werte wie Sympathie, Prestige oder sogar Macht transportiert. Denn nach der gängigen Vorstellung verpflichtet man sich mit der Annahme eines Geschenkes, dem Geber einmal ein Geschenk zurückzugeben. Mit dem Geschenk erinnert man sich zudem auch an den Geber, was zur Festigung von Bindungen beitragen kann. Wichtig ist jedoch, auf das richtige Maß des Geschenks zu achten. Ein zu kleines Geschenk ist ebenso unpassend wie ein zu großes, da der andere in diesem Fall Mühe hat, die Gabe zu erwidern.
Richtige Geschenke für Kinder
Gerade für Kinder ist ein Geschenk ein Zeichen dafür, dass sie geliebt werden und dieser Liebe würdig sind. Dadurch wird deutlich, dass ein Geschenk viel mehr als ein bloßer materieller Gegenstand ist. „Kinder lernen erst, dass es das Schenken überhaupt gibt. Dabei spielt bei ihnen weniger das Geschenk an sich, sondern das Schenken selbst die Hauptrolle. Kinder sollten deshalb nicht mit Geschenken überschüttet werden. Dann können sie sich nicht mehr freuen und sind gleichzeitig enttäuscht, wenn sie einmal weniger bekommen.“
Der Weg zum richtigen Geschenk
Gerade in unserer Gesellschaft zerbrechen sich viele den Kopf darüber, was sie ihren Liebsten unter den Christbaum legen sollen. Bei einigen Familien geht es schließlich so weit, dass sie vereinbaren, sich nichts mehr zu schenken, um dem Weihnachtsstress zu entgehen. Insgeheim wünschen sich manche jedoch trotzdem, ein Geschenk zu erhalten – der Schuss geht also nach hinten los. „In der Wohlstandsgesellschaft, wo die meisten Leute alles haben, was sie brauchen, ist es sinnvoller, etwas Nicht-Materielles zu schenken wie beispielsweise Zeit in Form eines Tages, den man gemeinsam verbringt, Zuneigung oder aber ein gemeinsamer Ausflug oder ein Restaurantbesuch“, rät der Primar.
Geschlechterunterschiede
Was viele bereits geahnt haben, trifft auch tatsächlich zu: Männer und Frauen wollen anders beschenkt werden. „Während sich Männer eher für technische Dinge interessieren, zieht es Frauen mehr zu Parfümerie- oder Modeartikeln“, so Tölk. Einen möglichen Grund dafür sieht der Primar in der Entwicklungsgeschichte. „Frauen wollen grundsätzlich mehr gefallen und attraktiv sein, während Männer damit meist weniger anfangen können. Männern sollte man folglich etwas schenken, damit sie ihren Besitz markieren können. Frauen hingegen freuen sich über Geschenke, die Zuneigung ausdrücken.“ Während er also vor allem an praktischen Dingen Freude hat, liebt sie es viel persönlicher. Schenken Sie deshalb am besten Ihrer Frau kein praktisches Küchengerät oder einen Gutschein, sondern machen Sie sich Gedanken darüber, was Sie mit ihr verbindet. Viele Frauen geben zudem versteckt Hinweise darauf, was sie gerne zu Weihnachten unter dem Christbaum finden möchten. Männer hingegen freuen sich durchaus über einen Werkzeugkasten oder das neueste Elektrogerät.
Kulturunterschiede
Es gibt aber nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen den Kulturen Unterschiede beim Schenken. „Bei vielen indianischen Kulturen war es beispielsweise an Feiertagen üblich, mit Geschenken soziale Unterschiede auszugleichen. Einer der mehr hatte, gab somit einem, der weniger hatte, ein Geschenk. Da diese Kulturen so etwas wie Besitz nicht kannten, waren sie auch in alltäglichen Dingen daran interessiert, Unterschiede auszugleichen“, erklärt Tölk.
Rechtzeitig Gedanken machen
Grundsätzlich ist es wichtig, sich nicht erst zwei Tage vor Weihnachten Gedanken über die Geschenke zu machen, sondern bereits im Voraus zu planen. Außerdem sollte man sich bewusst mit dem Beschenkten auseinandersetzen: Was gefällt ihm? Was macht er gerne? Wie sieht sein Alltag aus? Welche Dinge bewegen ihn/sie? Was hat man bereits einmal geschenkt und könnte eventuell ergänzen? Dadurch entgeht man leichter etwaigen „Geschenkfallen“, denn nichts ist unpersönlicher, als beispielsweise einem Lesemuffel ein Buch zu schenken. Geschenke sollen keinen Druck erzeugen, sondern Freude bereiten – sowohl für den Schenkenden als auch für den Beschenkten.
Mag. Birgit Koxeder
Dezember 2010
Foto: Bilderbox