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Kinderregenjacken: Greenpeace findet giftige Chemikalien

Kinderregenjacken: Greenpeace findet giftige ChemikalienRegenjacken sollen Wasser abhalten und wind- und temperaturfest sein. Was sie nicht sein sollen ist giftig. Bedenkliche Inhaltsstoffe bei den Materialien solcher Jacken hat die Umweltorganisation Greenpeace in einem Test gefunden.

Eine aktuelle Greenpeace-Untersuchung in Österreich, Deutschland und der Schweiz hat in wetterfester Marken-Kleidung einen „gruseligen Chemikalienmix“ aufgespürt, so Greenpeace auf seiner Homepage . Dabei handelt es sich um per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) sowie weitere hormonell wirksame Schadstoffe, die sich im menschlichen Blut anreichern und die Umwelt belasten können.


Markenkleidung auch betroffen

Die Untersuchung des Greenpeace-Produkttestes wurde von zwei unabhängigen Labors durchgeführt wurde. Getestet wurden 14 Outdoor-Textilien, darunter auch zwei in Österreich gekaufte Kinderjacken. Die untersuchten Jacken und Hosen enthielten einen erschreckenden Chemie-Cocktail, so Greenpeace. In jedem Produkt konnten hormonell wirksame Stoffe nachgewiesen werden. Diese Substanzen können die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen. Sie sind so langlebig, dass sie sogar schon im Blut von Neugeborenen oder in der Muttermilch nachgewiesen werden konnten.

Gifte in der Nahrungskette

Der Test ergab außerdem eine besorgniserregend hohe Konzentration von Nonylphenolethoxilate (NPE) und Weichmachern, sogenannten Phtalaten. NPE werden für Wasch- und Färbeprozesse verwendet. Sie sind langlebig, hormonell wirksam und reichern sich in der Nahrungskette an. Den höchsten Phthalate-Testwert weist ein Kinder-Poncho eines österreichischen Ausstatters auf. Phthalate können das Hormonsystem stark beeinflussen und zu Unfruchtbarkeit oder Übergewicht führen. Beide Kleidungsstücke wurden in Österreich eingekauft.
PFC werden von vielen Markenproduzenten für die Herstellung von beschichteten, atmungsaktiven Materialien für Outdoor-Kleidung eingesetzt. NPE kommen für Wasch- und Färbeprozesse zum Einsatz. Phthalate werden für Kunstleder, Gummi sowie für Aufdrucke verwendet. „Das chemische Wettrüsten der letzten Jahre bei Outdoor-Bekleidung muss ein Ende haben. Für einen Spaziergang, eine Wanderung oder für den Spielplatz braucht es keine ‚High-Performance‘-Jacken mit der man Expeditionsbergtouren machen kann“, sagt Claudia Sprinz, Greenpeace Konsumentensprecherin. Für den alltäglichen Einsatz sind bereits PFC-freie Materialien aus Polyester oder Polyurethan erhältlich. Auch diese Kleidung ist winddicht, atmungsaktiv und hält einem Wolkenbruch stand.

Was untersucht wurde

Greenpeace hat in Österreich, Deutschland und der Schweiz 14 Regenjacken und -hosen gekauft. Es handelt sich dabei um vier Kinderjacken, eine Kinderhose und acht Damenjacken. In allen Kleidungsstücken fanden sich umweltrelevante Schadstoffe. Zwei Kleidungsstücke wurden in Österreich gekauft, neun in Deutschland und zwei in der Schweiz. Elf der 14 Produkte wurden laut Etikett in China produziert, je eines in Indonesien, Vietnam und der Ukraine.

Was gefunden wurde

In jeder Probe sind PFC enthalten. Es handelt sich dabei um perfluorierte Kohlenwasserstoffe. Die künstliche Verbindung aus Kohlenstoff und Fluor kommen in der Natur nicht vor und sind so stabil, dass sie sich kaum oder gar nicht mehr aus der Umwelt entfernen lassen, so Greenpeace. Mittlerweile lassen sie sich weltweit nachweisen. In die Umwelt gelangen sie durch die Herstellung, Verwendung, Entsorgung aber auch durch das Waschen von PFC-haltigen Textilien. Auch im Hausstaub und in der Innenraumluft sind PFC enthalten. Bei Luftmessungen in zwei deutschen Outdoor-Geschäften fanden sich besonders hohe Konzentrationen.
In einigen Produkten, darunter auch in einem Produkt, das in Österreich gekauft wurde, wurden hohe Mengen von Nonylphenolethoxylate gefunden. NPE wird für Wasch- und Färbeprozesse verwendet.
In jedem Produkte wurden Weichmacher (Phtalate) gefunden, darunter besonders hohe Mengen in einer Kinderregenjacke, die in Österreich gekauft wurde. In der Textilindustrie werden Phthalate für Kunstleder, Gummi sowie für Aufdrucke genutzt. Phthalate können das Hormonsystem stark beeinflussen und zu Unfruchtbarkeit oder Übergewicht führen.

PFC im Abwasser

Die meisten PFC werden in Kläranlagen nicht abgebaut. Ein Teil der Chemikalien sammelt sich daher im Klärschlamm. Der Rest gelangt mit dem „sauberen“ Klärwasser in Flüsse und Seen und verbreitet sich über Wasserwege rund um den Globus. Klärschlamm wird wegen seines hohen Nährstoffgehaltes häufig als landwirtschaftlicher Dünger verwendet. So kommen PFC auch in den Boden und ins Grundwasser oder reichern sich in Pflanzen an, die zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Wissenschaftler fanden PFC in Fisch, Fleisch, Milchprodukten und Pflanzen, darunter auch in Getreide, das auf kontaminierten Böden gewachsen ist.

Wenn die Jacke reif für die Entsorgung ist

Was mit der Outdoorjacke passiert, wenn sie am Ende ihrer Zeit im Müll landet, ist unklar, so Greenpeace. Vereinzelte Messungen an Mülldeponien zeigen eine erhöhte PFC-Belastung in der Luft. Zum Verhalten von PFC-haltigen Materialien in der Müllverbrennung liegen hingegen keine Daten vor. Denkbar wäre etwa, dass bei unvollständiger Verbrennung dioxinähnliche Substanzen entstehen. Hier besteht laut Greenpeace dringender Forschungsbedarf.

PFC und Gesundheit

Es ist bekannt, dass PFC hormonell wirksam und reproduktionstoxisch sind. Das bedeutet, dass sie einerseits die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen können. Über die Nahrung, die Luft und das Trinkwasser gelangen die Chemikalien in den menschlichen Körper. Die Aufnahme über die Haut ist nach bisherigen Erkenntnissen eher gering, jedoch reichern sich PFC vor allem im Blut an. Sie zirkulieren vergleichsweise lange im menschlichen Körper, daher hat man sie sogar im Nabelschnurblut und im Blut von Neugeborenen und in Muttermilch finden können.

Greenpeace fordert

Greenpeace hat bereits im Sommer des Vorjahres die Kampagne „Detox“ gestartet, das bedeutet „entgiften“. Greenpeace fordert von den Textilherstellern umwelt- und gesundheitsschädliche Produktionschemikalien durch ungefährliche Alternativen zu ersetzen.
Bereits heute sind PFC-freie Materialien erhältlich. Greenpeace fordert, dass die Outdoor-Industrie diese Alternativen weiterentwickelt und für ihre Produkte einsetzt.

Mag. Christian Boukal

November 2012

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020