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Bore-out Syndrom

Frau sitzt am SchreibtischBore-out Syndrom - Wenn Langeweile krank macht. Schon frühmorgens überlegen Betroffene, wie sie den Tag in der Arbeit überstehen sollen. Zwischen dem Surfen im Internet lösen sie ein Rätsel oder telefonieren mit Freunden und Bekannten. Der Arbeitsalltag wird bestimmt von Unterforderung, Langeweile und Desinteresse. Mediziner sprechen in diesem Fall vom so genannten „Bore-out Syndrom“. Sie bezeichnen damit das Gegenteil des bekannten „Burn-out Syndroms“. 


Im Gegensatz zum Burn-out Syndrom, das durch eine starke Erschöpfung und innere Leere infolge von meist berufsbedingter Überforderung gekennzeichnet ist, handelt es sich beim Bore-out Syndrom um das Gegenteil. „Beide Begriffe sind keine Krankheitsbegriffe, sondern Bündel von Symptomen und treten vor allem im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen auf. Ein ‚Bore-out’ kann entstehen, wenn die Elemente Unterforderung, Desinteresse und Langeweile gekoppelt sind mit Verhaltensweisen, die der Arbeitnehmer zeigt, um ausgelastet, ja sogar gestresst zu wirken. Er versucht dadurch, sich mögliche zusätzliche Arbeit vom Halse zu halten“, erklärt Dr. Ruth Rüdisser-Rall vom Institut für Sozialdienste in Bregenz.Daraus entwickelt sich häufig ein Gefühl der Leere und der Bedeutungslosigkeit. Patienten, die unter dem Bore-out Syndrom leiden, empfinden letztlich auch ihre Existenz sinnlos, sie reagieren mit sozialem Rückzug und haben starke Selbstzweifel.

Antriebsschwäche und Müdigkeit

Die Vorstellung, den ganzen Tag in der Arbeit nichts zu tun, ist nur auf den ersten Blick verlockend. Tatsächlich verursacht eine permanente Unterforderung zahlreiche Probleme. Denn nicht nur gestresste Menschen fühlen sich ausgelaugt, auch wer ständig gelangweilt ist, klagt am Ende des Arbeitstages über Antriebsschwäche und Müdigkeit. Dazu kommt, dass Unterforderte versuchen, die Untätigkeit zu verbergen, weil sie nicht auffallen wollen. Sie verheimlichen die Langeweile vor den Vorgesetzten, um die Arbeit nicht zu verlieren. Das geht sogar so weit, dass Betroffene Techniken entwickeln, die sie möglichst gestresst erscheinen lassen. Mit dieser Geheimhaltung verhindern unter dem Bore-out Syndrom Leidende jedoch, dass sie ihre Situation verbessern.

Falsche Arbeit oder falscher Ort

Warum man unter dem Bore-out Syndrom leiden kann, erklärt Rüdisser-Rall folgendermaßen: „Die Ursachen können darin liegen, dass die Betroffenen schon in der Ausbildung nicht das machen, was sie eigentlich machen wollen. Später arbeiten sie dann in einer Firma, die sie nicht entsprechend ihrer Möglichkeiten und Talente fordert und fördert. Die meisten Menschen möchten etwas leisten und fühlen sich dann wohl, wenn sie sich weder unter- noch überfordert fühlen und eine entsprechende Anerkennung für ihre Leistung, sowohl ideell wie auch finanziell, erhalten.“ Es kann aber auch sein, dass Betroffene einfach im falschen Unternehmen arbeiten. Die Arbeit sollte für einen selbst Sinn machen, herausfordernd und interessant sein. Es liegt daher auch an den Führungskräften zu erkennen, ob die Mitarbeiter optimal gefordert und gefördert werden. Denn das Bore-out Syndrom hat nichts mit Faulheit, sondern vielmehr mit mangelnder Herausforderung in der Arbeit zu tun.

Arbeitnehmer in Dienstleistungsbetrieben betroffen

„Es gibt Studien, die besagen, dass etwa ein Drittel der Arbeitnehmer finden, dass sie in ihrer Arbeit unterfordert sind und eigentlich mehr leisten könnten und möchten“, so Rüdisser-Rall. Einen Unterschied zwischen Männern und Frauen bezüglich der Häufigkeit der Betroffenheit gibt es nicht. Das Bore-out Syndrom trifft vor allem Menschen, die in Dienstleistungsbetrieben arbeiten. In der Produktion oder in Handwerksberufen wäre ein Vortäuschen von Arbeit nur schwer möglich.

Sinn, Zeit und Geld

„Als Lösung bietet sich an, dass die Arbeit und der konkrete Arbeitsplatz danach ausgewählt werden, dass die Arbeit persönlich Sinn stiftet. Man soll das Gefühl haben, die Arbeitszeit ausfüllen zu können mit einer Arbeit, die erfüllt und Freude macht. Die Arbeitszufriedenheit stellt sich ein, wenn die drei Kriterien Sinn, Zeit und Geld berücksichtigt sind. Ein weiterer Faktor ist die emotionale Bindung an das Unternehmen, welcher sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit und Motivation auswirkt“, hält Rüdisser-Rall fest.

Eigene Interessen erkennen

Glücklich ist, wer einen Arbeitsplatz hat, der sinnvoll erscheint. Ebenso ist ein positives Betriebsklima von großer Bedeutung für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Findet man alleine keinen Ausweg aus der Langeweile im Job, kann eine Psychotherapie helfen. Durch professionelle Hilfe lernt man, die eigenen Interessen und Ziele zu erkennen und wie diese Ziele erreicht werden können.


Mag. Birgit Koxeder

März 2008


Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 22. September 2020