Gesunde Ernährung und das Wissen darüber werden in unserer Gesellschaft immer wichtiger. Kritische Konsumenten, die sich gesund ernähren wollen, laufen Gefahr ohne entsprechendes Wissen, Falsch- oder Halbinformationen zu glauben. Der Bereich der täglichen Ernährung ist hier besonders sensibel: Die Aufdrucke auf Lebensmittelverpackung – wenn sie denn groß genug geschrieben sind – setzen bereits spezielle Kenntnisse voraus. Dem will ein Projekt der OÖGKK und des Landesgremiums OÖ Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer OÖ (WKOÖ) Informationen entgegensetzen.
„Um die Gesundheitskompetenz der oberösterreichischen Bevölkerung rund um Ernährung und gesunde Lebensmittel zu stärken, haben die OÖGKK und WKOÖ ein Info-Projekt gestartet“, erklärt OÖGKK-Obmann Albert Maringer. Das Projekt „Lebensmittel.G’sund“ will auch auch den Lebensmittelhandel und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, damit sie ihre Kundenbetreuung weiter verbessern können. Dazu ist es nötig, dass gesundheitsrelevante Informationen zu Lebensmitteln leicht zu finden und die wesentlichen Begriffe und Zusammenhänge transparent sind.
Darüber hinaus möchte das Projekt auch eine kritische Beurteilung von Gesundheitsinformationen, beispielsweise aus dem Internet, erleichtern. „Denn nicht immer sind alle kursierenden Informationen zu Lebensmitteln ganz richtig. Das Projekt soll es dem Lebensmittelhandel und seinen Beschäftigten ermöglichen, die wichtigsten Gesundheitsfragen der Kundinnen und Kunden kompetent zu beantworten“, so OÖGKK-Direktorin Andrea Wesenauer.
Auch der Lebensmittelhandel stellt bereits fest, dass es Kunden zunehmend wichtiger wird, wo und wie die Lebensmittel erzeugt werden und welche Inhaltsstoffe sie haben – der gesundheitliche Aspekt wird immer wichtiger.
Aus diesem Grund haben die OÖGKK und die WKOÖ Unterlagen zusammengestellt, die auf fundiertes Wissen der Ernährungsexpertinnen der OÖGKK beruhen und in Schulungen den oberösterreichischen Lebensmittelhändlern zur Verfügung gestellt wurden.
In loser Reihenfolge werden wir wöchentlich ein Kapitel dieser Unterlage online zur Verfügung stellen.
Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit Ernährungsmythen.
Ernährungsmythen aufgedeckt:
Ist brauner Zucker besser als weißer?
Nein
Begründung:
Als braunen Zucker bezeichnet man sowohl das Zwischenprodukt der Zuckerherstellung, den sogenannten Rohzucker, als auch einen mit Zuckersirup oder Zuckercouleur gefärbten oder durch Erhitzen karamelisierten Weißzucker.
Rohzucker ist nicht vollständig gereinigt und enthält noch Begleitstoffe, die seine gelblich-braune Farbe und eine begrenzte Haltbarkeit bedingen. Durch mehrfache Reinigung und Kristallisation wird daraus der weiße Zucker gewonnen, der zu 100 % aus Zucker besteht.
Der aus weißem Zucker gewonnene feinkörnige braune Zucker unterscheidet sich nicht in der Zusammensetzung, sondern nur durch einen karamelartigen Geschmack und einen doppelt so hohen Preis. Die Menge ernährungsrelevanter Inhaltsstoffe unterscheidet sich bei den beiden Zuckerformen nur geringfügig.
Ist Margarine gesünder als Butter?
Nein
Begründung:
Obwohl in heutigen Produkten kaum mehr Trans-Fettsäuren (fördern Herzleiden) vorkommen und das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren in Richtung mehr Omega-3-Fettsäuren wandert, ist diese Annahme falsch. Eine große Studie zeigte, dass es keinen Unterschied beim Auftreten von Herzinfarkt und Schlaganfall gab: Personen mit dem höchsten und Personen mit dem niedrigsten Butterkonsum hatten ein ähnlich hohes Risiko, Herzinfarkt und Schlaganfall zu erleiden.
Sind Vitamintabletten für eine ausgewogene Ernährung nötig?
Nein
Begründung:
2010 zeigte eine nationale Verzehrsstudie, dass es keine Mangelzustände bei Menschen gibt, die sich ausgewogen ernähren. Ausnahmen sind etwa Essgestörte, Hochleistungssportler, Alkoholkranke, Pflegebedürftige und schlecht ernährte Schwangere. In diesen Fällen kann eine Einnahme von Vitaminpräparaten unter ärztlicher Anleitung sinnvoll sein.
Sitzen beim Apfel die meisten Vitamine wirklich unter der Schale?
Ja
Begründung:
Rund 70 % der Vitamine und Mineralstoffe befinden sich in Obst und Gemüse, z.B. Birnen, Gurke, Zucchini, unter der Schale. Innen helleres Obst und Gemüse also am besten mit Schale essen.
Farbgebende Vitamine wie ß-Carotin in der Karotte oder im Kürbis hingegen sind gleichmäßig in der gesamten Frucht verteilt.
Tipp:
Um Spritzmittel zu entfernen, Obst und Gemüse unbedingt waschen.
Enthalten Obst und Gemüse heute weniger Nährstoffe als zu Omas Zeiten?
Jein
Begründung:
Verglichen mit frisch geerntetem Obst und Gemüse aus dem Garten schneiden unreif gepflückte und tagelang gereiste Produkte tatsächlich schlechter ab.
Prinzipiell enthalten unsere heutigen Lebensmittel jedoch nicht weniger Nährstoffe als zu Omas Zeiten. Was, wie viel, wovon an Inhaltsstoffen enthalten ist, hängt gestern und heute von einer Vielzahl an Faktoren, wie z.B. Boden, Düngung, Erntezeitpunkt, Lagerung etc., ab.
Tipp:
Möglichst frisch geerntetes, reif gepflücktes Freilandobst und -gemüse bevorzugen und bald nach der Ernte verzehren. Es hat höhere Vitamin- und Mineralstoffkonzentrationen als Obst und Gemüse, das schon tagelang im Supermarkt vor sich „hinvegetiert“.
Sind Bio-Produkte gesünder?
Jein
Begründung:
Für die Herstellung von Bio-Produkten muss auf synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet werden. Daher sind Bio-Produkte für die Umwelt auf alle Fälle von Vorteil.
Für den Menschen hängt der Nutzen vom Produkt ab: Biowurst ist nicht unbedingt „gesünder“ als ihr konventionell hergestelltes Gegenstück.
Bei Obst und Gemüse hängt der Vitamingehalt mehr von Reife, Ernte, Lagerung etc. ab. Prinzipiell gilt, dass bei Bioprodukten weniger Zusatzstoffe zugelassen sind.
Ansonsten ist die Datenlage zu widersprüchlich, um Empfehlungen abzuleiten.
Ist Milch verschleimend?
Nein
Begründung:
Diese Aussage stammt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die Milch als „verschleimendes“ Lebensmittel für „Wassertypen“ als nicht geeignet bezeichnet. Jedoch gibt es auch in der TCM kein pauschales Verbot.
Eine unter fast 15.000 Kindern durchgeführte Studie konnte keinen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Auftreten von Asthma feststellen. Ausnahmen waren Personen mit einer echten Kuhmilchallergie. Sie entwickelten unter Milchkonsum asthmaähnliche Symptome.
Fazit:
Milch ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene eine wichtige Kalziumquelle. Wer auf Milchprodukte verzichtet, sollte seinen Bedarf mit Brokkoli, Mandeln, Feigen und Sesam decken.
Enthält Tiefkühlgemüse ähnlich viele Vitamine wie Frischkost?
Ja
Begründung:
Tiefkühlgemüse wird frisch geerntet, rasch zur weiteren Verarbeitung transportiert und dort kurz und schonend gewaschen, rasch überbrüht und schockgefroren. Dadurch bleibt ein Großteil der empfindlichen wasserlöslichen Vitamine, z.B. Folsäure und Vitamin C, erhalten. Vitamine wie ß-Carotin oder Vitamin K sind weniger empfindlich und deshalb in frischem wie auch in tiefgekühltem Gemüse gleichermaßen enthalten.
Sind Himalajasalz und Meersalz gesünder?
Nein
Begründung:
Untersuchungen haben ergeben, dass der Anteil an Mineralstoffen und Spurenelementen so gering ist, dass mit üblichen Verzehrmengen keine Bedarfsdeckung gewährleistet wird. Darüber hinaus enthalten sie fast kein Jod.
Ist Vollkorn wirklich gesünder?
Ja
Begründung:
Vollkornbrot besteht aus „langkettigen“ Kohlenhydraten. Sie bleiben länger im Magen als einfache Kohlenhydrate aus Haushaltszucker, Weißbrot etc. Kohlenhydrate regen die Ausschüttung des Hormons Insulin an, das die aufgenommenen Kohlenhydrate in die Zellen schleust. Je mehr einfache Kohlenhydrate umso größer ist die Insulinausschüttung, je mehr komplexe (langkettige) Kohlenhydrate umso geringer die Insulinausschüttung. Mehr Insulin im Blutkreislauf drosselt die Fettverbrennung gegen Null. Sie läuft erst wieder an, wenn der Insulinwert im Blut abgesunken ist. Vollkornbrot enthält viele wertvolle Ballaststoffe, die sättigen, die Verdauung anregen und damit das Risiko für Dickdarmkrebs reduzieren können.
Ist der Einsatz von Mikrowellengeräten schädlich?
Nein
Begründung:
Derzeit gilt als Stand der Wissenschaft, dass ein sachgemäßer Einsatz von Mikrowellengeräten keine Gesundheitsgefahr darstellt. Der Einsatz der Mikrowelle ist vor allem zum Aufwärmen sinnvoll, da Energie und Nährstoffgehalt weitgehend erhalten bleiben.
Ist Kaffee ein „Wasserräuber“?
Nein
Begründung:
Werden nicht mehr als vier Tassen Kaffee pro Tag getrunken, wird die Flüssigkeitsbilanz nicht gestört. Erst bei ca. 250 mg Koffein (mehr als vier Tassen) kommt es zu erhöhten Flüssigkeitsverlusten.
Trotzdem ist es kein Fehler, zu jeder Tasse Kaffee ein Glas Wasser zu trinken.
Ist Grillen krebserregend?
Ja
Begründung:
Wenn Fett in die offene Flamme tropft, bilden sich durch den Rauch Benzpyrene, die sich auf dem Grillgut absetzen. Diese gelten als kanzerogen, also krebserregend.
Tipps:
- Durch die Verwendung von Grilltassen kann die Entstehung von Benzpyren reduziert werden.
- Um die Entwicklung von kanzerogenen Stoffen einzudämmen, sollen Fleisch und Fisch nicht zu lange angebraten werden.
- Verkohlte Teile sollen entfernt werden.
- Gemüse und
Gewürze wie z.B. Knoblauch enthalten Vitamine und sekundäre
Pflanzeninhaltstoffe, die der Wirkung von Benzpyren entgegenwirken.
Diätologin Sophie Demelmair / Mag. Christian Boukal
Juni 2015
Foto: shutterstock