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Medikamente

Arzneimittelallergie

Wer nach Einnahme eines Medikaments Beschwerden wie Hautausschlag oder Schwellungen bekommt, sollte an eine mögliche Arzneimittelallergie denken. Diese ist meist harmlos, kann sich in schweren Fällen jedoch zu einem medizinischen Notfall entwickeln. Nach Abklingen der Beschwerden sollte immer eine entsprechende Austestung durchgeführt werden. 

Arzneimittel sind fester Bestandteil in der Therapie von Krankheiten. Doch man muss sich bewusst sein, dass jedes Medikament auch unerwünschte Wirkungen mit sich bringen kann. Neben den unerwünschten (aber einkalkulierten) Nebenwirkungen können auch Unverträglichkeiten (Intoleranzen) und sogar Allergien gegen Medikamente auftreten.

Wie jede Allergie, setzt die Arzneimittelallergie eine allergische Reaktionsbereitschaft (Allergiebereitschaft) des Patienten voraus. Die Zahl der Allergien ist generell im Steigen. Es liegen keine Daten vor, ob auch Medikamentenallergien zunehmen. „Medikamente werden auch nicht leichtfertig, sondern rational verschrieben. Der Trend ist dahingehend, dass man von ärztlicher Seite eher probiert, weniger Medikamente zu verschreiben als zuviel“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Abteilung für Innere Medizin am KH der Barmherzigen Brüder Linz. 

Was ist eine Arzneimittelallergie? 

Die Arzneimittelallergie (Medikamentenallergie) ist eine Form einer echten Allergie. Dabei reagiert das körpereigene Immunsystem überempfindlich auf einen zugeführten chemischen Wirkstoff oder auf ein Abbauprodukt des Wirkstoffes. Arzneimittel bestehen aber nicht nur aus Wirkstoffen, sondern auch aus Hilfsstoffen (Geschmacksstoffe, Füllmittel, Farb- oder Konservierungsstoffe etc.) und Trägersubstanzen (die Hülle der Medikamente). „Es kann also auch sein, dass ein Betroffener nicht auf den Wirkstoff, sondern auf einen anderen Bestandteil des Medikamentes allergisch reagiert“, sagt Clodi.

Generell kann jeder Mensch auf jedes Medikament allergisch reagieren. Auch pflanzliche Heilmittel können Allergien auslösen. Es ist auch egal, ob das Medikament eingenommen wird (als Tropfen, Dragee, Kapsel oder Tablette) oder mittels Spritze, Injektion, Zäpfchen, Creme, Gel oder Spray verabreicht wird. Auch die verabreichte Dosis des jeweiligen Medikamentes spielt in der Regel keine Rolle. „Es ist ein Irrtum wenn man denkt, dass nur sehr stark wirkende Medikamente Allergien auslösen können. Selbst rezeptfreie Medikamente wie z.B. leichte Schmerzmittel können Auslöser sein“, so der Intensiv- und Notfallmediziner. 

Symptome 

Das Spektrum der Symptome einer allergischen Reaktion kann von harmlosen Hauterscheinungen bis zu lebensbedrohlichen Zuständen reichen. Glücklicherweise treten schwere systemische allergische Reaktionen nur selten auf. 

Mögliche Symptome im Überblick:

  • Hautausschlag: Ein Ausschlag kann isoliert an bestimmten Körperstellen oder auch am ganzen Körper auftreten. Möglich sind Rötungen, Ödeme, Quaddeln. Oft besteht ein starker Juckreiz. Ein Hautausschlag ist das mit Abstand häufigste Symptom. Alle anderen Symptome treten nur gelegentlich auf.
  • Schwellungen: Vor allem im Bereich des Gesichtes und der Knöchel.
  • Schleimhäute können anschwellen. Schwillt die Rachenschleimhaut stark an, kann dies zu einem lebensgefährlichen Zustand führen, rasche medizinische Hilfe ist erforderlich.
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Schweißausbruch, Fieber.
  • Selten sind innere Organe betroffen: Es können Zellschäden an Lunge, Leber und Niere auftreten.
  • Selten: Abbau von roten Blutkörperchen oder Blutplättchen.
  • Selten: Anaphylaktischer Schock: Es kommt zur Einengung der Atemwege, zu Krämpfen, Erbrechen bis hin zum Herz-Kreislauf- und Atemstillstand mit Organversagen.


Wann die ersten Allergieanzeichen auftreten, kann stark variieren. „Bei oral eingenommenen Medikamenten treten Symptome meist binnen weniger Stunden bis hin zu vier Tagen nach der Einnahme auf“, sagt Clodi. 

Ärztliche Abklärung 

Bei einer ungewöhnlichen Reaktion nach Anwendung eines Medikamentes sollte man einen Arzt aufsuchen. Einerseits, weil eine erneute Medikamenten-Einnahme zu schwerer Symptomatik führen kann und andererseits, um künftig (unbedenkliche) Therapiealternativen zu ermöglichen. 

Treten schwere Symptome wie Atembeschwerden und Kreislaufschwäche oder eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes auf, ist sofort ärztliche Hilfe nötig, da dies Vorzeichen eines schweren Asthmaanfalls oder eines anaphylaktischen Schocks sein können. „Ein anaphylaktischer Schock ist ein akuter Notfall und kann bei nicht umgehender medizinischer Versorgung mitunter auch tödlich enden. Zum Glück tritt diese Form allergische Reaktion nur sehr selten auf“, so Clodi. 

Diagnose 

Nur wenn jemand ein einziges Medikament eingenommen hat und sofort darauf allergisch reagiert, ist die Diagnose leicht zu stellen. In vielen Fällen ist sie jedoch schwierig, weil Patienten in der Regel mehrere Medikamente zu sich nehmen und/oder weil sich eine Reaktion erst Tage nach der Einnahme einstellt. „Eine schwierige Situation für Arzt und Patient entsteht vor allem dann, wenn der Patient ein Medikament unbedingt benötigt, es aber nicht verträgt. Hier muss man sich sehr schnell auf die Suche nach alternativen Präparaten machen“, erklärt Clodi. Erschwert wird eine Diagnose auch dadurch, weil nicht nur Wirkstoffe, sondern auch Ab- und Umbauprodukte des Medikaments oder Hilfsstoffe eine allergische Reaktion auslösen können. Darüber hinaus kann ein Symptom auch eine bloße Nebenwirkung des Medikamentes (siehe Beipacktext) sein und keine allergische Reaktion.


Um eine Allergie gegen Wirk- oder Hilfsstoffe festzustellen, gibt es verschiedene Verfahren:


  • Anamnese (Gespräch): Welches Medikament wurde gegeben, welche Symptome sind wann aufgetreten? Gingen die allergischen Symptome nach Absetzen des Medikaments zurück? Gibt es andere Allergien?
  • Nachweis durch Haut-Tests: Prick-Test, Patch-Test.
  • Nachweis durch Blutuntersuchung.
  • Provokationstest: Dieser Test findet meist nur im Krankenhaus statt, da er mit gewissen Risiken verbunden ist. Er wird daher nur selten und als letztes Diagnosemittel eingesetzt.


Therapie 

In erster Linie muss man dasjenige Medikament, das die allergische Reaktion ausgelöst hat, absetzen. Die Symptome klingen danach in der Regel auch wieder ab. Häufig bekommen Patienten Antihistaminika (in leichten Fällen, z.B. bei Juckreiz) verordnet und in schweren Fällen Kortison wird verabreicht. In sehr schweren Fällen und bei Lebensgefahr wird ein Patient natürlich intensivmedizinisch versorgt. 

Allergiepass zur Vorbeugung 

Wer bereits einmal auf ein Medikament allergisch reagiert hat, sollte sich unbedingt dessen Namen merken und auch aufschreiben. Dann kann er dieses Medikament künftig meidet und vor allem dem Arzt und Apotheker mitteilen, welches Medikament er nicht verträgt.

Am besten trägt man die betreffenden Medikamente und Wirkstoffe in einen Allergiepass ein. Allergiker sollten den Allergiepass mit sich führen, damit in einer Notfallsituation (Einlieferung ins Krankenhaus) die Ärzte sofort informiert sind und entsprechend handeln können. Das kann lebensrettend sein.

 

Dr. Thomas Hartl

Juli 2015


Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020