Hochgiftiges Chrom VI kann sich in Lederschuhen und Lederbekleidung befinden. Es entsteht häufig beim Gerben von Leder. Ein Test zeigt, dass Lederschuhe, die in Österreich hergestellt werden, für die Gesundheit weitgehend unbedenklich sind.
Chrom wird in vielen industriellen Prozessen eingesetzt und gelangt dadurch auch in die Umwelt. Chrom kommt in verschiedenen Oxidationsstufen von Null bis 6 vor. Nachgewiesen werden können nur die genügend stabilen Formen, das dreiwertige Chrom (III) und das sechswertige Chrom (VI).
Schwermetall Chrom: in der Wertigkeit liegt die Gefahr
Im Gegensatz zum dreiwertigen Chrom, das in Wasser schwer löslich und nicht toxisch ist, wird das sechswertige Chrom als kanzerogen, also krebserregend eingestuft. Es ist nicht nur gut wasserlöslich, sondern besitzt auch über eine hohe Bioverfügbarkeit. Das heißt, es wirkt im Organismus rasch und in hohem Ausmaß.
Wegen dieser für die Gesundheit gefährlichen Eigenschaften hat der Gesetzgeber Grenzwerte für sechswertiges Chrom für unterschiedliche Produkte wie z.B. elektronische Bauteile, Spielzeug, Zement, Düngemittel und Leder festgelegt.
Chrom in der Lederverarbeitung
Leder, das für die Schuherzeugung verarbeitet wird, ist zumeist chromgegerbt. Dabei wird das ungiftige dreiwertige Chrom als Gerbstoff verwendet. Die Gefahr dabei: Wenn Chrom oxidiert, kann dreiwertiges Chrom in hochgiftiges sechswertiges Chrom umgewandelt werden. Chrom VI kann also ungewollt entstehen.
Das kann jedoch verhindert werden. „Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge ist es möglich, das Risiko der Bildung von Chrom VI zu minimieren und Leder mit minimalen oder ohne Chrom-Gehalt zu produzieren. Unternehmen können und sollen also Maßnahmen treffen, um ihre Schuhe herzustellen, ohne dass dabei sechswertiges Chrom entsteht“, sagt der Umweltmediziner und Ökologe Assoz.-Prof. PD Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien.
Österreichische Lederschuhe auf Chrom VI getestet
Seit Mai 2015 gilt ein Verkaufsverbot von Ledererzeugnissen mit mehr als 3 mg/kg Chrom VI. Um die Einhaltung der Regelung zu überprüfen, führten GLOBAL 2000, Clean Clothes Kampagne, AK Oberösterreich und AK Wien Testkäufe von Schuhen heimischer Hersteller durch. 20 Kinder-, Damen- und Herrenlederschuhe von sieben österreichischen Firmen wurden unter die Lupe genommen. Untersucht wurden die Schuhe auf Rückstände des hochgiftigen Chrom VI. Die Untersuchung wurde in einem Testlabor des österreichischen Umweltbundesamtes durchgeführt.
Testergebnisse weitgehend positiv
Das Ergebnis: In einem der getesteten Damenschuhpaare wurde eine Überschreitung des gesetzlichen Grenzwerts festgestellt. Das Unternehmen hat die betroffenen Schuhe bereits aus dem Verkehr gezogen bzw. rückgerufen. In vier weiteren Schuhen wurden zwar Spuren von Chrom VI nachgewiesen, diese lagen jedoch im Rahmen des Erlaubten. Alle anderen Schuhe waren frei von Chrom VI.
„Bei Schuhen aus Österreich mache ich mir keine Sorgen. Wie die Überprüfung gezeigt hat, werden die Grenzwerte zumeist eingehalten. Ob die Situation bei Schuhen aus Afrika und Fernost, die dort in riesigen Mengen produziert und bei uns billig verkauft werden, ebenso gut ist, darf bezweifelt werden. Auch hier sollten vermehrt Kontrollen erfolgen“, sagt Hutter.
Gefahr einer Kontaktallergie
Trägt man chromgegerbtes Leder am Körper, besteht die Gefahr, eine Kontaktallergie zu entwickeln. „Auch wenn die Gefahr einer Entwicklung einer sogenannten Kontaktallergie nicht groß ist, ist für mich trotzdem klar: Möchte man sein Allergierisiko senken, dann sollte man Produkte aus Österreich oder Deutschland wählen“, rät Hutter. Dieser Rat gilt besonders für anfällige Menschen, die bereits andere Allergien entwickelt haben.
Liegt eine Kontaktallergie bereits vor, dann sollte man chromgegerbtes Leder vollständig meiden, ansonsten können unangenehme Ekzeme auf der Haut entstehen. Eine solche Allergie bleibt ein Leben lang bestehen und kann ursächlich nicht behandelt werden. Klinische Tests haben gezeigt, dass bei sensibilisierten Personen bereits sehr geringe Dosen zu allergischen Hautreaktionen führen können. Hier hilft nur das vollständige Meiden von Chrom VI-hältigen Produkten.
Aufnahme durch die Haut
Die Haut kann Chrom VI aus dem Leder aufnehmen. Während Schuhe nur eine geringe Kontaktfläche zur Haut bilden, haben Lederjacken und vor allem Lederhosen eine viel größere Kontaktfläche mit der Haut. „Je größer diese Fläche, desto größer ist das Risiko eines Übertritts von Chrom auf die Haut. Auch hier spielt die Herkunft der Ware eine große Rolle. Bei einer Lederhose aus Bayern sind Befürchtungen überflüssig, bei einer aus Asien oder Afrika wäre ich vorsichtig“, sagt Hutter.
Krebserregendes Chrom VI
Chrom VI ist ein hochgiftiger Stoff. Diese Chemikalie kann in hohen Dosen zu Erkrankungen der Atemwege, Magenverstimmungen, Schäden an Leber und Nieren, Geschwüren, Schwächung des Immunsystems und Veränderung des genetischen Materials führen. Chrom VI ist zudem krebserregend.
Die Wahrscheinlichkeit, durch das bloße Tragen von chromgegerbten Schuhen oder anderer Lederprodukte tatsächlich Krebs zu bekommen, ist aber sehr gering. „Allen, die auf ihre Gesundheit achten möchten, würde ich dennoch empfehlen, soweit wie möglich ihrem Organismus diese Belastungen zu ersparen und so das Krebsrisiko zu minimieren. In diesem Fall heißt das, dass ich keine Schuhe oder andere Lederwaren kaufe, wenn ich weiß oder vermute, dass in diesen Chrom VI enthalten ist. Wenn ich Chrom vermeiden kann, vermeide ich es auch. Ich würde mir Schuhe kaufen, bei denen der festgesetzte Richtwert auch eingehalten wird“, so Hutter.
Beim Kauf von billigen und chromgegerbten Schuhen aus Asien und Afrika trägt der Konsument außerdem zu den schlechten und gesundheitsgefährdenden Arbeitsverhältnissen der Menschen dort bei. Hutter: „Die Arbeitsverhältnisse dort sind oft indiskutabel; man sollte das als Konsument nicht unterstützen. Besser heimische Produkte kaufen, dann braucht man sich auch keinerlei Gedanken wegen eines möglichen Krebsrisikos zu machen.“ Und weiter: „Außerdem sind auch die weiten Transportwege von einem Kontinent zum anderen blanker Irrsinn. Nicht zuletzt kann so jeder auch leicht zum Klimaschutz beitragen.“
Umweltzeichen für Schuhe
Konsumenten, die sich für faire Produktionsstandards interessieren, können sich am Umweltzeichen (für Schuhe) orientieren. Die Verwendung des österreichischen Umweltzeichens verbietet zudem die Verwendung von Chrom gegerbtem Leder.
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat auf der Plattform „www.Bewusstkaufen.at“ über 300 Schuhe gelistet, die unterschiedlichen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.
Dr. Thomas Hartl
März 2017
Foto: shutterstock