Hypnose in Medizin und Psychologie ist eine wertvolle Zusatzbehandlung zur schulmedizinischen Therapie. Sie wird unter anderem zur Behandlung von Ängsten und Phobien eingesetzt.
Um Hypnose bei Ängsten erfolgreich einzusetzen, ist es wichtig, sich an psychologisch geschulte Mediziner und Therapeuten zu wenden. „Man muss die Psychologie der Angst verstehen. Man muss wissen, wie Ängste entstehen, aufrechterhalten und auch beseitigt werden können. Es ist also einiges an Hintergrundwissen nötig, um Ängste mittels Hypnose erfolgreich zu beseitigen“, sagt Mag. Thomas Hill, Psychologe und Hypnosetherapeut in Linz.
Hypnose bei allen Arten von Ängsten
Hypnose kann bei allen Angststörungen eingesetzt werden. Am häufigsten wird sie bei Agoraphobie (Platzangst), bei Panikstörungen und bei sozialer Phobie nachgefragt. „Viele Klienten wollen auch ihre Flug- oder Zahnarztangst loswerden. Im beruflichen Umfeld wird Hypnose oft angewendet, wenn man Probleme hat vor anderen Menschen zu sprechen oder Vorträge zu halten“, sagt Mag. Hill.
Kurze Therapiedauer
Die Therapiedauer ist in der Regel kurz. Nach drei bis vier Sitzungen sollte man bereits eine gewisse Veränderung spüren. „Bemerkt der Klient keinerlei Verbesserung, macht der Behandler etwas falsch“, sagt Mag. Hill. Voraussetzung, dass Hypnose klappt, ist allerdings, dass der Klient sie auch wirklich machen will. Sträubt er sich in Wahrheit dagegen, wird sie kaum erfolgreich sein. Die Hypnose selbst dauert 20 bis 40 Minuten, dazu kommen noch Vor- und Nachgespräch.
Ablauf individuell
Bei der Hypnose wird der Patient in Trance versetzt. Er kann dabei liegen oder sitzen. Fixe Bestandteile sind Einleitung, Vertiefung, Aufrechterhaltung und Auflösung der Hypnose. Der Ablauf im Einzelnen ist sehr unterschiedlich, es gibt viele verschiedene Möglichkeiten und jeder Hypnosetherapeut hat seine persönlichen Lieblingsmethoden. Zudem bedarf eine jede Sitzung ein bestimmtes Maß an individueller Anpassung an den Klienten. „Es gibt nicht die eine Behandlung gegen Ängste. Der eine mag das, der andere reagiert auf jenes. Hypnose ist zugleich sehr einfach und auch komplex. Die Kunst besteht darin, sich stark auf den Klienten einzulassen und die Fähigkeit zu besitzen, dessen Ressourcen zu erkennen und zu wecken“, sagt Mag. Hill.
Aufmerksamkeit lenken
Ein Grundpfeiler der Hypnose ist die Lenkung der Aufmerksamkeit. Der Hypnosetherapeut muss zu Beginn der Sitzung die Aufmerksamkeit seines Gegenübers mit seinen Worten fangen und dann lenken. Gelingt dies, befindet sich der Klient bereits mitten in der Hypnose. Gelingt dies nicht, scheitert die Hypnose. Der erste Schritt, die Aufmerksamkeit einzufangen, erfolgt, indem man sich zum Beispiel auf einen bestimmten Punkt im Raum konzentriert.
Klient erlebt Hypnose bewusst
Der Hypnosetherapeut spricht und beeinflusst mit seinen Worten den Klienten. Im Laufe der Minuten entspannt und beruhigt man sich merklich, der Herzschlag verlangsamt sich ebenso wie die Atmung. Man hört die Worte, versteht sie, bewertet sie und fragt sich, ob man sich bereits in Hypnose befindet. Man bleibt wach und bekommt bewusst mit, was der Hypnotiseur sagt. Man ist zwar schläfrig, dämmert vielleicht auch ein wenig weg, nimmt aber im Großen und Ganzen wahr, was geschieht.
Klient bleibt Herr seiner Sinne
Niemand kann gegen seinen Willen hypnotisiert werden. Die Hypnose funktioniert nur, wenn der Klient es selbst möchte. Er bleibt während der Hypnose ansprechbar und kann aktiv in die Behandlung einbezogen werden. Außerdem ist er jederzeit in der Lage, die Trance abzubrechen.
Die Durchführung einer therapeutischen Hypnose ist von außen gesehen völlig unspektakulär. Sie hat nichts mit Bühnenhypnose zu tun, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Der eigene Wille des Klienten, etwas zu tun oder zu unterlassen, ist in keiner Weise eingeschränkt.
Behandlung der Angst auf mehreren Ebenen
Mit Hypnose bearbeitet man die Angst auf mehreren Ebenen. Auf der physiologischen werden die Muskelspannung und der Blutdruck gesenkt, der stark beschleunigte Herzschlag verlangsamt und die Atmung verändert. Auf der Ebene der Gedanken werden die Horrorszenarien - das Kopfkino - durch eine neue Sichtweise ersetzt. Auf der emotionalen Ebene wird das Angstgefühl mit Entspannung behandelt. Und auf der Ebene des Verhaltens schließlich werden dem Patienten neue Strategien in die Hand gegeben, mit denen er der Angstsituation in Zukunft positiver begegnen kann.
Dabei hat der Hypnotiseur stets die Lebensgeschichte des Patienten im Blick. So wird Traumatisches aus der Vergangenheit einbezogen, wie auch die Gegenwart und die Zukunft. All dies kann direkt angesprochen werden, oder es wird indirekt bearbeitet, zum Beispiel durch das Erzählen hypnotischer Geschichten, in denen das Thema des Patienten aufgegriffen wird.
Eine hypnotische Technik, die oft zum Einsatz kommt, ist das Reframing. Den Dingen, vor denen man sich ängstigt, wird dabei eine andere Bedeutung gegeben. „Wenn beispielsweise jemand Prüfungsangst hat, versuche ich nicht, ihm diese völlig auszureden, sondern ich vermittle ihm das Gefühl, dass ein bisschen Lampenfieber durchaus positiv und dem Erfolg förderlich ist“, sagt Mag. Hill.
Veränderung ist Wachstum
Ziel der Hypnose ist Veränderung. Veränderung ist innerliches Wachstum. Dieses geschieht kontinuierlich und nicht sprunghaft. Oft bemerken Klienten die positiven Veränderungen daher zunächst selbst kaum, sondern bekommen von anderen gesagt, dass sie sich verändert haben.
Die Persönlichkeit als solche bleibt jedoch bestehen. „Durch Hypnose wird aus einem introvertierten Einzelgänger kein extravertierter Partylöwe. Ein ruhiger, zurückhaltender Mensch wird es auch nach der Hypnose nicht vorbehaltlos lieben, in der Menge zu baden. Der Charakter bleibt in seinen Grundpfeilern erhalten“, sagt Mag. Hill. Freilich kann die Veränderung dennoch stark ausfallen, wenn die Angst, die beseitigt wird, dem Betroffenen bisher von einem bestimmten Verhalten oder Lebensstil abgehalten hat. Auch die Sichtweise auf Dinge kann sich ändern, woraus wiederum Veränderung im Denken, Fühlen und Handeln entsteht.
Angstfreiheit möglich
Am Ende der Hypnosetherapie sollte der Klient eine deutliche Reduktion seiner Ängste oder sogar völlige Angstfreiheit erleben. Das gilt vor allem bei spezifischen Ängsten, wie zum Beispiel der Angst vor Spinnen oder Flugangst. Hill: „Solche isolierten Ängste sind am leichtesten zu behandeln. Bei generellen Angststörungen ist das Ziel der Hypnose nicht eine völlige Auflösung der Angst, sondern ein deutlich besserer Umgang mit ihr, wodurch wieder eine freiere Lebensführung möglich wird.“
Bei manchen Hypnosetherapeuten haben die Klienten auch die Möglichkeit, Selbsthypnose zu erlernen. Das ist für die innere Kompetenz förderlich, da man erlebt, dass man selbst etwas für sich tun kann und nicht ständig auf andere angewiesen ist.
„Für mich hat Hypnose auch nach zwanzig Jahren Praxis immer noch etwas Magisches an sich. Es ist faszinierend, dass bestimmte Worte eine bestimmte Wirkung entfalten und dass man den Menschen dadurch so einfach und wirkungsvoll helfen kann“, sagt Mag. Hill.
Dr. Thomas Hartl
September 2017
Bild: Shutterstock