Das erste helle Grün, die ersten zarten Triebe – es sprießt, es blüht, es ist, als ob die Natur explodiert: Es ist Frühling. Frühling, das heißt mehr Licht, mehr Wärme, mehr Sonne.
Frühling, das heißt mehr Flirten, mehr Lust auf Kontakte, mehr Schmetterlinge im Bauch. Frühling heißt aber auch weniger Melatonin, mehr Testosteron, mehr Sexualtrieb.
Ah, da haben wir ihn also, den Trieb. Bei Pflanzen, Tier und Mensch. Aber sind wir auch triebgesteuerte Wesen? „Ja“, sagt Dr. Georg Pfau aus Linz. Der Sexualmediziner war einer der Ersten, der sich der Männergesundheit verschrieben hat. „Der wichtigste Trieb ist Hunger, wir wollen unser Überleben sichern. Danach kommt der Sexualtrieb, also die Arterhaltung.“ Der Trieb an sich ist genetisiert, er ist da, er wird nicht erlernt, wir sind ihm ausgeliefert. Allerdings – und das ist die wichtige Botschaft – wie wir diesen Trieb ausleben, wie wir ihn gestalten, das ist modifizierbar, das haben wir in der Hand. Wie also Sexualität gelebt wird, das hat etwas mit Lernen, mit Verhalten zu tun. Hier unterscheidet der Mediziner zwischen einer Psychosexualität und einer Soziosexualität: Erstere ist der Lernprozess vor der Pubertät, also wie Sexualität beobachtet wird, Zweitere ist die Erfahrung, die mit Partnern gemacht wird.
Das wichtigste Hormon für den Sexualtrieb ist Testosteron, das Lusthormon, das bei Männern in größerer Menge vorkommt als bei Frauen. Thomas ist so ein Beispiel, man würde ihn landläufig als Testosteronbündel bezeichnen: 25 Jahre alt, angehender Rechtsanwalt, gutaussehend, lebenslustig, hat viele Freunde, ist beliebt bei den Kollegen. Er trainiert zweimal in der Woche im Fitnesscenter, achtet auf seine Ernährung, ist seit einem Jahr mit seiner Freundin zusammen, hat regelmäßig Sex. Ganz anders Andreas: Auch er ist 25, arbeitet in der IT-Branche, für Freundschaften hat er nicht viel übrig, für Frauen auch nicht. Lieber hockt er stundenlang vor seinen Computerspielen. Inklusive Junkfood. Der Bauchansatz ist Zeugnis von falscher Ernährung und Bewegungsmangel. Sex hat er selten. Andreas fehlt es an Lebensenergie. Und an Testosteron. „Der größte Feind ist Alkohol und Bewegungsmangel. Je größer der Bauch, desto weniger Sexualhormon“, so der Männerarzt. Generell aber haben „junge Männer mehr Testosteron als ältere.Zwischen 17 und 30 Jahren ist die Lust am größten. Danach sinkt der Hormonspiegel. Ein 50-, 60-Jähriger kann gar nicht mehr so viel Lust haben wie ein 25-Jähriger. Das hat die Natur so eingerichtet als Schutzmechanismus gegen zu alte Eltern.“ Was ist aber dann mit den älteren Herren, die sich gerne eine jüngere Frau anlachen? Da wird der Männer-spezialist direkt: „Männer übertreiben gerne maßlos, was Dauer des Sexualakts und Größe ihres Genitals anlangt. Außerdem wollen sie Defizite wettmachen, machen ihre eigenen Frauen dafür verantwortlich und glauben, bei einer Jüngeren wieder zur Höchstform aufzulaufen.“ Weit gefehlt. Die Hormone machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Es sei denn, sie greifen zu einem Potenzmittel.
Sex und Lust im Alter
Für Männer heißt es also: zuerst mehr, dann weniger. Und für Frauen? Genau umgekehrt! Während im Laufe ihrer fruchtbaren Jahre Östrogen und Gestagen die wichtigere und Testosteron eine zyklusabhängige Rolle spielt, dreht sich das im Alter um. Dr. Pfau: „Frauen in der Menopause haben oft größere Lust als Männer.“ Eigentlich verhext. Für eine gelungene Partnerschaft und ein einvernehmliches, wertschätzendes, lustbringendes Sexualleben gibt es für ihn daher nur eines: an der Sexualität arbeiten, über Bedürfnisse reden, ein mögliches Kommunikationsdefizit sogar mit einem Sexualtherapeuten besprechen.
Mag. Lisa Ahammer
März 2019
Kommentar
Dr. Georg Pfau, Männerarzt und Sexualmediziner, Linz
Bilder: shutterstock; privat