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Wirbelbrüche – Behandlungsweg im Fall einer Operation

Wirbelbrüche – Behandlungsweg im Fall einer Operation

Wirbelbrüche können bei alten und jungen Menschen gleichermaßen auftreten. Bei komplizierten Brüchen ist eine Operation nötig. Auch die Nachbehandlung ist wichtig. Nach einer Ruhephase erfolgen Physiotherapie und Reha, um wieder fit zu werden – und um Folgeschäden zu vermeiden.

 

Bei gesunden Menschen besitzt die Wirbelsäule eine hohe Stabilität und Belastbarkeit. Es erfordert eine hohe Krafteinwirkung, um den Bruch eines Wirbels hervorzurufen. Die Wirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln, zwölf Brustwirbeln, fünf Lendenwirbeln, fünf verschmolzenen Kreuzwirbeln und vier bis fünf Steißbeinwirbeln. Gemeinsam mit dem Band- und Muskelapparat kann die Wirbelsäule enorme Belastungen auffangen, ohne dabei Schaden zu nehmen.

 

Unter die Bezeichnung „Wirbelbruch“ fallen kleinere und große Verletzungen. Es kann bloß ein Dornfortsatz abgebrochen sein oder ein Wirbelbogen, oder es wurden ein oder mehrere Wirbelkörper teilweise oder stark eingedrückt und unter Umständen vollständig zerstört. Bei schweren Brüchen ist es das oberste Ziel, eine Lähmung zu verhindern.

 

Krafteinwirkung oder Osteoporose

 

Trotz der hohen Belastbarkeit der Wirbelsäule kommt es immer wieder zu Wirbelbrüchen. Bei älteren Menschen meist aufgrund von Osteoporose (oft gepaart mit Stürzen), bei jüngeren vor allem durch Unfälle (Verkehr, Sport, Stürze) und anderen Einwirkungen von Gewalt auf den Körper.

 

Meist muss die Krafteinwirkung sehr stark sein, damit bei gesunden Menschen eine Fraktur auftritt; aber auch bei wenig dramatischen Stürzen kann es (auch bei jungen Menschen) zu Wirbelbrüchen kommen, selbst wenn es keine Vorschädigung gab. „Man kann bei einem normalen Sturz einfach das Pech haben, dass man so unglücklich aufkommt, dass ein Wirbel bricht. Anfällig für Brüche sind vor allem die Lenden- und unteren Brustwirbel. Vor allem der Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule ist aufgrund seiner Beweglichkeit ein sensibler Bereich für Frakturen“, sagt Primar Dr. Christian Mittermaier, Vorstand der Klinik für Remobilisation und Nachsorge am Kepler Universitätsklinikum in Linz.

 

Heftige Schmerzen

 

In leichten Fällen spürt man mitunter vom Bruch gar nichts und entdeckt diesen später nur zufällig. Meistens treten bei einem Bruch jedoch heftige Schmerzen auf. Man kann und soll sich dann kaum mehr bewegen. Wurden zudem Nerven oder das Rückenmark verletzt, kann es auch zu Gefühlen von Lähmung oder Taubheit beziehungsweise Kribbeln in Armen oder Beinen kommen. Man sollte nicht zögern, einen Krankenwagen zu rufen, denn ein Wirbelsäulenbruch sollte sofort behandelt werden.

 

Masse geht verloren

 

Bei Wirbelbrüchen sollte man immer auch abklären, ob eine Osteoporose (Knochenschwund) vorliegt. Bei älteren Menschen ist das häufig der Fall. Osteoporose ist eine Stoffwechselerkrankung der Knochen, bei der langsam und stetig Knochengewebe abgebaut wird. Der Knochen verliert an Masse, Stabilität und Festigkeit. Bei fortgeschrittener Osteoporose führen oft schon Bagatellen zu Brüchen, manchmal kann schon ein heftiges Niesen ausreichen. Im Falle eines von Osteoporose bedingten Wirbeleinbruches sackt der Wirbel nach und nach in sich zusammen, was (vor allem stechende) Schmerzen hervorrufen kann.

 

Die Therapie besteht in der Verabreichung von Medikamenten, Kalzium, Vitamin D, Vitamin K2 und in der Kräftigung von Muskeln und Knochen. Eingebrochene Wirbelkörper können grundsätzlich durch eine Operation wieder aufgerichtet werden (sogenannte Vertebroplastie). In den meisten Fällen ist ein solcher Eingriff jedoch nicht notwendig. Eine Schmerz- und Physiotherapie sind ausreichend. Ausnahme: Drücken Knochenbruchstücke auf Nerven, kann eine Operation notwendig sein.

 

Instabile Brüche werden operiert

 

Die Therapie von Wirbelfrakturen richtet sich nach Art und Schwere der Verletzung. Stabile, glatte Brüche müssen in der Regel nicht operiert werden. Die Therapie besteht in diesen Fällen aus dem Ruhigstellen (Ruhelage und Mieder) und Physiotherapie.

 

Schlimmster Fall: Querschnittlähmung

 

Nur bei komplizierten Brüchen muss operiert werden. In bestimmten Fällen, wenn eine schwierige Heilung zu erwarten ist, wartet man manchmal zwei oder drei Tage ab und entscheidet erst dann, ob operiert wird.

Möglichst rasch zu operieren sind instabile Brüche. Von einem instabilen Bruch spricht man, wenn der hintere Teil des Wirbels von der Fraktur betroffen ist. Dadurch entsteht eine große Instabilität und die Gefahr, das Rückenmark durch freie verschobene Knochenbruchstücke zu beschädigen. Ein instabiler Bruch kann Lähmungserscheinungen hervorrufen und im schlimmsten Fall zu einer Querschnittslähmung führen. Eine rasche Operation kann das in den meisten Fällen verhindern.

 

Stäbe, Platten, Zement

 

Es stehen verschiedene Operationsmethoden zur Verfügung. Wurde ein Wirbelkörper eingedrückt und ist er nicht weitgehend „zerbröselt“, so wird er wieder aufgefüllt. „Dies geschieht minimalinvasiv und in der Regel dadurch, indem ein Ballon eingeführt und aufgepumpt wird. In diesen Hohlraum wird ein spezieller Knochenzement eingespritzt und somit ausgefüllt“, sagt Primar Mittermaier.

 

Muss ein gebrochener Wirbel stabilisiert werden, stehen mehrere Systeme zur Auswahl. Meist wird er mit dem darüber- und darunterliegenden Wirbel mit Stäben verbunden (manchmal werden auch stabilisierende Platten eingesetzt). Der instabile Wirbel befindet sich in der Mitte der künstlichen Verbindung und bekommt in dieser geschützten Lage die Möglichkeit, wieder zu regenerieren.

 

Physiotherapie und Rehabilitation

 

Nach einer Operation ist es äußerst wichtig, sich ein paar Tage absolut zu schonen und das OP-Gebiet möglichst nicht bewegen. Auch aufrechtes Sitzen sollte meist vermieden werden, da sonst viel Druck auf der Wunde lasten würde. Nach einigen Tagen beginnt bereits im Krankenhaus die Nachbehandlung in Form von Physiotherapie. Sie wird der Verletzung angepasst und besteht zu Beginn in einer sanften Mobilisierung des Körpers.

 

Ist die Operation gut verlaufen, wird der Patient nach einigen Tagen, spätestens nach zwei Wochen nach Hause entlassen. Im Idealfall bekommt er ein Heimübungsprogramm ausgehändigt, um die erlernten Übungen zuhause selbstständig so lange weiterzuführen, bis die Reha beginnt.

 

Meist startet die Reha acht bis zwölf Wochen nach der Operation; sie soll nicht zu früh beginnen, denn es ist wichtig, dass die Wirbelsäule zu Beginn der Maßnahme bereits stabil ist. Sie dauert drei Wochen (in manchen Fällen sind auch vier Wochen möglich). Ziel ist die Wiederherstellung der Belastbarkeit und der Beweglichkeit. Die Patienten sollen wieder Zutrauen in den Körper bekommen und die Schonhaltung der vorangegangenen Wochen überwinden. Alltag und Beruf sollen mit Ende der Reha wieder zu bewältigen sein.

 

Training nach der Reha

 

Auch nach der Reha sollte man die erlernten Übungen zuhause weiterführen. Wie lange und in welcher Intensität, ist mit dem behandelnden Arzt oder Physiotherapeuten zu klären. „Die muskuläre Stärkung ist enorm wichtig. Vor allem die Tiefenmuskulatur muss gestärkt werden, um die Wirbelsegmente zu stabilisieren und um Folgeschäden zu vermeiden. In Fitnessstudios wird meist nur die Oberflächenmuskulatur trainiert. Diese ist zwar auch wichtig, sollte aber erst dann trainiert werden, wenn die kleinen, tiefliegenden Muskeln, die die Bereiche der Wirbelsäule stabilisieren, ausreichend gestärkt wurden. In Studios sollte man nur dann trainieren, wenn ausgebildetes Personal vorhanden ist, welches sich mit der Thematik gut auskennt“, empfiehlt der Mediziner.

 

Langsam angehen

 

Inwiefern man nach der Therapie wieder voll arbeitsfähig ist, hängt von der Schwere der Verletzung und dem Heilungsverlauf ab. „In den meisten Fällen kann man wieder in sein vorheriges Leben einsteigen. Bei körperlich anstrengenden Berufen sollte man mit leichteren Arbeiten beginnen und die Wirbelsäule nicht überfordern. Wichtig ist, dass man Hebetätigkeiten sehr konzentriert ausführt, indem man die Rumpfmuskulatur vorher bewusst anspannt“.

 

Kaum neuerliche Brüche

 

Wenn man die Muskulatur durch Training stabilisiert und die Wirbelsäule nicht sofort wieder stark belastet, ist ein möglicher neuer Bruch der vorgeschädigten Stelle fast nie ein Thema. Schwieriger ist die Situation, wenn gleich mehrere Wirbel gebrochen waren, und daher ein großer Bereich stabilisiert werden musste. Hier geht nicht nur viel an Beweglichkeit verloren, man muss auch besonders vorsichtig sein, dass es zu keinen Anschlussdegenerationen kommt, das heißt, dass der jeweilige Wirbel unterhalb und oberhalb der operierten Stelle nicht zu Schaden kommt.

 

Die bei der Operation eingesetzten Bestandteile (Schrauben, Stangen, Platten etc.) können im Körper bleiben und müssen nicht bei einer neuerlichen Operation entfernt werden. Es sei denn, es kommt im Einzelfall zu anhaltenden Schmerzen, oder wenn sich eine Schraube gelockert hat oder diese sogar gebrochen ist.

 

Dr. Thomas Hartl
April 2023


Bild: shutterstock.com/Kateryna Kon



Zuletzt aktualisiert am 24. April 2023