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Tauchen im Urlaub – Spaß ohne Risiko

Tauchen im Urlaub – Spaß ohne Risiko

Die Aussichten sind verlockend: Kristallklares Wasser und beeindruckende Unterwasserwelten hautnah erleben. Die Sommerzeit steht vor der Tür und viele Menschen überlegen sich, ihren Urlaub mit einem Taucherlebnis zu kombinieren. Damit die Unterwasserwelt ein schönes Erlebnis wird, sollte ein Tauchurlaub gut vorbereitet sein.

 

Tauchen ist für die meisten keine Sportart, sondern eine Freizeitbeschäftigung, die im Urlaub immer mehr in Mode kommt. „Beliebt sind vor allem das Mittelmeer und Ägypten oder die Malediven, Thailand und die Karibik“, sagt Dr. Helmuth Ocenasek. Der Sportmediziner aus Linz war seit über 20 Jahren in einem Netzwerk von europäischen Ärzten als Taucherarzt und spezialisierter Hyperbarmediziner in verschiedenen Tauchbehandlungszentren auf den Malediven und in Ägypten beschäftigt.

 

Wichtige Vorbereitung

 

Ein Tauchurlaub sollte bereits einige Wochen vor Reiseantritt gut vorbereitet werden. Viele fliegen jedoch in den Urlaub, ohne sich ausreichend mit dem Thema auseinander gesetzt zu haben. Neulinge sollten sich vergewissern, dass sie vor Ort qualifiziert betreut und angeleitet werden. Wichtig ist auch, rechtzeitig eine Reisekrankenversicherung abzuschließen, die auch die Behandlung eines eventuellen Tauchunfalls abdeckt.

 

Körperliche Tauglichkeit abklären

 

Fürs Tauchen müssen bestimmte körperliche Voraussetzungen erfüllt sein. Unbedingt abgeklärt werden muss folgende Frage: Bin ich fit genug, um mich in die Tiefe zu begeben? Habe ich Vorerkrankungen, die das Tauchen gefährlich machen oder gänzlich ausschließen? In vielen Ländern wird ab einem bestimmten Alter (zumeist für Personen über 40 Jahren) ein ärztliches Tauglichkeitsattest für das Tauchen benötigt. Die genauen Anforderungen sind von Land zu Land unterschiedlich.

 

„Der ärztliche Check ist sehr wichtig. Unter Wasser herrschen Überdruckbedingungen durch die sich der Gasaustausch in unserem Körper ändert. Trotz normaler Zusammensetzung der Atemluft mit Sauerstoff und Stickstoff, verhalten sich diese Gase unter Wasser im Körper anders. Dadurch kann es unter Umständen zu gesundheitlichen Komplikationen kommen“, sagt Dr. Ocenasek.

 

Ein spezieller Check durch einen Taucherarzt ist nicht nur vor schwierigen Tauchgängen nötig, sondern vor jedem Tauchen, auch vor einem ersten Schnuppertauchvorgang. Denn bereits in einer Tiefe von drei bis fünf Metern steigt der Druck deutlich an, bereits bei dieser geringen Tauchtiefe ist ein Lungenriss möglich, sobald man an die Oberfläche zurückkehrt. Ocenasek: „Sollte ein Arzt die Bescheinigung verweigern, ist das für den Betroffenen vielleicht ärgerlich, doch er tut ihm in Wahrheit etwas Gutes, denn er verhindert mögliche ernste Komplikationen. Rund die Hälfe der Taucherunfälle passiert, weil Leute tauchen, die das aus medizinischen Gründen eigentlich nicht dürften. In meiner Klinik auf den Malediven haben wir in den letzten 20 Jahren knapp 1000 schwere Unfälle behandelt, die Hälfte der Taucher hätte nicht ins Wasser gehört.“

 

Fragebogen vor Ort

 

Um im In- und Ausland die Taucherlaubnis einer Tauchschule vor Ort zu erhalten, muss man einen Fragebogen ausfüllen. Kreuzt man eine bestimmte Vorerkrankung an, muss man ein ärztliches Attest vorweisen, welches belegt, dass man tauchfähig ist. Kann man dieses nicht vorweisen, darf man nicht tauchen. „Man sollte beim Fragebogen nicht lügen und eine Krankheit nicht verschweigen, denn das ist nicht nur sehr gefährlich, sondern auch sehr teuer, falls eine Krankenbehandlung nötig wird. Die Versicherungen übernehmen in diesem Fall die Kosten nicht und eine Druckkammerbehandlung ist sehr teuer, die Behandlungsgebühren liegen zwischen 7.000 und 20.000 Euro. Ein darüber hinaus eventuell notwendiger Heimtransport mit einem Ambulanzjet kann nochmal 50.000 bis 90.000 Euro kosten“, weiß der Taucherarzt.

 

Kleine und große Folgen

 

Bei Tauchern besonders gefürchtet ist die Dekompressionskrankheit (DCS). Sie entsteht, wenn beim Auftauchen wegen nachlassendem Umgebungsdruck Stickstoffbläschen im Blut freigesetzt werden. Je tiefer und je länger man taucht, desto mehr gelöster Stickstoff ist im Blut. Die Ausprägungen einer Dekompressionskrankheit reichen von Muskel- und Gelenksschmerzen oder auch eventuell auftretenden Lähmungserscheinungen bis zu lebensbedrohlichen Zuständen.

 

Glücklicherweise haben die meisten Tauchunfälle mildere Konsequenzen. Die häufigsten unerwünschten Folgen sind Trommelfellrisse (Barotrauma) und Nasennebenhöhlenblutungen. Zu Trommelfellrissen kommt es, wenn der Gehörgang verstopft und infolgedessen kein Druckausgleich mehr möglich ist. Daher ist es wichtig, vor dem Tauchen das Ohrschmalz zu entfernen.

 

Nicht jeder darf tauchen

 

Hier einige der häufigsten Gründe, besser nicht zu tauchen, damit es zu keinen schweren Unfällen kommt:

 

Bluthochdruck: Ein typisches Beispiel: Ein 50-jähriger Mann ist topfit. Er läuft fast täglich seine Runden und trainiert in einem Fitnessstudio. Er hat zwar seit einigen Jahren Bluthochdruck, doch er nimmt seine Medikamente und ist gut eingestellt. Im nächsten Urlaub will er sich einen Traum erfüllen und in der Karibik tauchen gehen. „Dieser Mann käme nie auf die Idee, dass er ohne ärztliches Okay nicht tauchen darf. Er weiß nicht, dass seine Gefäße durch den Bluthochdruck in einem Ausmaß geschädigt sind, welches das Tauchen vielleicht unmöglich macht. Er braucht unbedingt einen ausführlichen medizinischen Check, ansonsten kann ich ihm als Arzt das Okay nicht geben“, sagt Dr. Ocenasek.

 

Allergisches Asthma: Menschen mit allergischem Asthma wird in der Regel vom Tauchen abgeraten, da dies ein hohes Risiko für schwere Asthmaanfälle und Komplikationen birgt. Dr. Ocenasek: „Asthmatiker benötigen eine ausführliche Untersuchung, ob sie individuell und konkret tauchtauglich sind. Eventuell kann das mit einem Asthmaspray möglich sein, manchmal ist es jedoch gefährlich, sich mit Medikamenten fit zu machen. Wie man damit in der individuellen Situation umgehen soll, kann nur der erfahrene Taucherarzt entscheiden.“

 

COPD: Bei dieser chronischen Lungenerkrankung sind die Atemwege dauerhaft verengt. Tauchen ist bei Vorliegen von COPD in der Regel nicht möglich. „Nur ein sehr erfahrener Taucherarzt kann in Einzelfällen nach ausführlicher Untersuchung unter Umständen grünes Licht geben und die Tauglichkeit attestieren“, sagt Dr. Ocenasek.

 

Operationen: Nach Operationen braucht der Körper Zeit, um sich zu erholen. Wenn jemand innerhalb von sechs Monaten nach einer Operation taucht, besteht die Gefahr von Komplikationen wie Blutungen, Wundinfektionen oder Narbenbrüchen. Daher empfehlen Ärzte in der Regel eine sechsmonatige Wartezeit, bevor man nach einer Operation wieder mit dem Tauchen beginnt.

 

Schwangerschaft: Tauchen in der Schwangerschaft ist generell verboten. Während der Schwangerschaft kommt es zu einer Veränderung des Kreislaufsystems und einer Zunahme des Blutvolumens im Körper. Dies kann das Risiko von Gasembolien (Gasblasen in den Blutgefäßen), die durch den Druckwechsel beim Tauchen entstehen können, erhöhen. Außerdem gibt es keinen gesicherten Wissenstand darüber, wie sich das Tauchen auf das ungeborene Kind auswirkt.

 

Weitere Vorsichtsmaßnahmen

 

  • Bei Anreise zum Urlaubsziel mit dem Flugzeug sollte man erst am Folgetag der Ankunft tauchen. Zwischen letztem Tauchgang und Rückflug sollten mindestens 24 Stunden Abstand liegen.
  • Vor einem Tauchgang sollte man ausreichend Wasser trinken, denn im dehydrierten Zustand erhöht sich das Risiko einer Dekompressionskrankheit.
  • Auf Alkohol sollte man verzichten – und das nicht nur am Tag des Tauchens, sondern bereits am Vortag – sonst erhöht sich das DCS-Risiko ebenfalls.
  • Mit einer Verkühlung sollte man nicht tauchen, denn dabei verstopfen die Nasennebenhöhlen und es besteht die Gefahr eines Trommelfellrisses.

 

Verantwortung für andere

 

Getaucht wird immer zu zweit oder in einer Gruppe. Jeder Taucher ist nicht nur für die eigene Sicherheit verantwortlich, sondern auch für die des Tauchpartners oder der Gruppe. Dr. Ocenasek veranschaulicht die Problematik: „Bekommt einer beim Tauchen Probleme und muss er einen Notaufstieg machen, so muss das auch der Partner oder die Gruppe tun. Das kann auch für die anderen Taucher Probleme und Gefahren mit sich bringen, denn bei einem schnellen Aufstieg kann es zum Lungenriss und einer Dekompressionskrankheit kommen.“

 

Tauchen in Österreich

 

Wer in Österreich tauchen möchte, benötigt ab einem Alter von 45 Jahren ein Tauglichkeitsattest eines registrierten Taucherarztes. Unter 45 Jahren ist eine Tauglichkeitsbescheinigung nur dann nötig, wenn bestimmte Grunderkrankungen vorliegen, die das Tauchen zur Gefahr machen. Allerdings empfiehlt Dr. Ocenasek allen Tauchern –  unabhängig von ihrem Alter – ein ärztliches Tauglichkeitsattest.

 

Dieses muss von einem Arzt ausgestellt werden, der über die entsprechenden Qualifikationen verfügt. In Österreich ist dies ein Arzt mit entsprechender Weiterbildung in Tauchmedizin. Das Attest muss alle zwei Jahre erneuert werden.

 

Apnoetauchen als Alternative

 

All das bisher Gesagte gilt für Gerätetaucher, also für Taucher, die mit Pressluftflasche am Rücken ins Wasser gehen. Anders verhält sich die Sache beim Apnoetauchen (Tauchen mittels Luftanhalten). Hier spielen der Wasserdruck und die damit zusammenhängenden Gefahren eine weniger große Rolle, da man unter Wasser ja keine Luft (unter geänderten Druckverhältnissen) einatmet. „Wer aus medizinischen Gründen nicht mit Pressluft tauchen kann, für den ist Apnoetauchen eine gute Alternative. Drei bis vier Minuten die Luft anzuhalten, das kann fast jeder schaffen, wenn es trainiert wird. „Das reicht für ein schönes Taucherlebnis allemal. Man kann das auch mit Schnorcheln kombinieren. Das ist eine tolle Freizeitbeschäftigung und noch dazu kostengünstig“, so Ocenasek.

 

Dr. Thomas Hartl
Juni 2023


Bild: Sergiy Zavgorodny/shutterstock.com




Zuletzt aktualisiert am 12. Juni 2023