Meditation ist eine uralte Praxis, die in vielen Kulturen und Traditionen auf der ganzen Welt praktiziert wird. Längst hat sie auch in der westlichen Welt Einzug gefunden. Meditieren als Mittel der Beruhigung ist für viele Menschen Teil eines bewussten Lebensstils geworden und wird sogar in der modernen Psychotherapie eingesetzt.
Bei der Meditation geht es vor allem darum, den Geist zu beruhigen und sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren. Es ist wichtig, sich nicht auf mögliche Ergebnisse zu konzentrieren, sondern die Praxis selbst zu genießen und offen für neue Erfahrungen zu sein.
„Meditation dient auch dazu, den eigenen inneren Beobachter zu kultivieren und zu trainieren. Dieser nimmt wahr, was ist, ohne zu bewerten und ohne sich mit diesem oder jenen Gedanken zu identifizieren. Auf der Ebene des inneren Beobachters werde ich mehr und mehr frei von meinen gewohnten Bewertungen, Dramen und Geschichten. Dann bin ich nicht mehr meine Gedanken, ich bin deren Beobachter“, erklärt der Welser Psychotherapeut Wolfgang Pichler, der selbst seit vielen Jahren den Tag mit Meditieren beginnt.
Vorbereitung einer Meditation
Sich hinsetzen und „loslegen“ wird nicht funktionieren, Meditation bedarf einer gewissen Ruhe und auch Routine. Es ist hilfreich, aus der Meditation ein Ritual zu machen. Beispielsweise kann man sich in bequemer Kleidung an den immer gleichen Ort setzen, den man sich für die Mediation eingerichtet hat und wo man sich wohlfühlt. Die räumliche Umgebung ist für das Meditieren von großer Bedeutung. Gerade für Einsteiger ist es wichtig, sich einen ruhigen und ungestörten Ort zu suchen.
Manche finden es angenehm, eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen, beispielsweise mittels Duftkerzen, dem Rauschen eines Zimmerbrunnens, durch meditative Klänge. Die einen lieben das Halbdunkel, andere die Zeit des Sonnenaufgangs oder deren Untergang. Wichtig ist es, ungestört zu sein, also das Handy auszuschalten und sicherzustellen, dass man diese Minuten ganz für sich hat.
Wie oft und wie lang?
Einmal ist keinmal, Meditation erfordert regelmäßige Übung. Idealerweise nimmt man sich jeden Tag eine gewisse Zeit fürs Meditieren, am besten immer zum gleichen Zeitpunkt. Das gelingt, indem man die Meditation zum festen Bestandteil des Tagesablaufs macht. Viele meditieren am liebsten am frühen Morgen, andere am Abend, um den Tag zu verarbeiten und zur Ruhe zu kommen.
Eine allgemeingültige Empfehlung, wie lange man meditieren sollte, gibt es nicht. Anfänger können mit nur zehn bis fünfzehn Minuten starten und mit der Zeit die Dauer nach Belieben steigern. Bereits zehn Minuten können anfangs anstrengend und auch schmerzhaft sein. Meditation ist kein Wettkampf, ein jeder sollte in sich hineinhören, was im Augenblick gut und machbar für ihn ist.
Körperhaltung
In der Regel erfolgt die Meditation im Sitzen. Die Wirbelsäule sollte dabei aufrecht und der Rücken gerade sein. So zu sitzen, kann bereits nach wenigen Minuten durchaus anstrengend werden. Die Augen können geschlossen werden, um die Sinneswahrnehmungen zu reduzieren und die Konzentration auf den inneren Zustand zu lenken.
Die klassische Meditationshaltung ist der Lotussitz oder andere Varianten des Schneidersitzes. So zu sitzen ist für viele Menschen schwierig, insbesondere für Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie Knieproblemen oder eingeschränkter Beweglichkeit. Es erfordert auch eine gewisse Übung, um in der richtigen Position zu bleiben, ohne dass die Beine einschlafen oder Schmerzen verursachen. Ein gerolltes Handtuch oder ein Meditationskissen unter dem Gesäß erleichtern eine aufrechte Sitzhaltung.
Wer den Schneidersitz ausprobieren möchte, sollte dies langsam und schrittweise zu tun. Anfänger können auch bei einer Yoga-Lehrerin oder einem Yoga-Lehrer die richtige Technik einüben. Mit Übung und Geduld kann der Schneidersitz zu einer bequemen und stabilen Position für die Meditation werden.
Freilich ist der Schneidersitz nicht die einzige Möglichkeit ist, um zu meditieren. Es gibt viele andere Positionen, wie das Sitzen auf einem Stuhl, einer Meditationsbank oder auf dem Boden. „Wichtig ist, die Wirbelsäule gerade und aufrecht zu halten, um die Atmung zu erleichtern und die Energie im Körper frei fließen zu lassen. Anfänger können sich auch anlehnen, sofern sie dadurch nicht einschlafen“, sagt Pichler.
Viele Meditierende praktizieren auch bestimmte Fingerhaltungen, die sogenannten Mudras. Bei der bekanntesten werden die Zeigefingerspitze und die Daumenspitze aufeinandergelegt. Dies kann die Konzentration bei der Meditation fördern.
Für manche (zum Beispiel für Schmerzpatienten) kann das Liegen auf dem Rücken die einzig möglich machbare Position sein. Auch das ist erlaubt, obwohl die Gefahr des Einschlafens besteht. Meditation im Liegen ist auch ideal für Techniken wie progressive Muskelentspannung. Ideal als Unterlage ist eine Yoga- oder Gymnastikmatte.
Aufmerksamkeit lenken
Um einen Zustand der Entspannung und inneren Ruhe zu erreichen, wird bei der Meditation die Aufmerksamkeit (also der Geist) auf eine bestimmte Sache gelenkt, beispielsweise auf die Atmung oder auf verschiedene Körperteile, wie es beim sogenannten Bodyscan praktiziert wird oder auf das bewusste Wahrnehmen der Stille oder auf gewünschte Gefühlszustände, wie es in der Metta-Meditation praktiziert wird. Dabei wiederholt man Gedanken wie: Möge ich im Frieden sein, möge ich dankbar sein, möge ich voll Freude sein etc. „Das ist eine Form der Mediation, die sehr schnell positive Veränderungen im eigenen Leben hervorrufen kann und die sehr empfehlenswert ist“, sagt Pichler.
Anleitung zur Meditation im Sitzen
In vielen Meditationspraktiken liegt der Fokus der Konzentration auf der Atmung. Eine typische Atemübung in der Meditation besteht darin, den Atem zu beobachten und sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren.
Hier eine Basis-Anleitung, wie man als Anfänger beginnen könnte:
- Nehmen Sie eine aufrechte und bequeme Sitzposition ein und beginnen Sie mit zehn Minuten.
- Bevor Sie beginnen, richten Sie Ihre Sitzposition so ein, dass Sie aufrecht sitzen und bewegen Sie den Körper noch ein wenig, bis er bereit ist, ruhig zu sitzen.
- Schließen Sie Ihre Augen und atmen Sie einige Male tief und bewusst durch die Nase ein und aus.
- Danach lassen Sie den Atem auf natürliche Weise in Ihren Bauch fließen. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem und achten Sie darauf, wie sich Ihr Brustkorb oder Ihr Bauch hebt und senkt oder konzentrieren Sie sich auf den Atem, der aus Ihrer Nase strömt.
- Wenn Gedanken auftauchen (und sie werden es tun), akzeptieren Sie diese einfach und lassen Sie sie weiterziehen. Konzentrieren Sie sich immer wieder auf Ihren Atem.
- Versuchen Sie, keine Probleme zu lösen und versuchen Sie, nichts zu erreichen. Sie sitzen einfach und atmen. Lassen Sie innerlich alles fallen.
- Beenden Sie die Meditation nach 10 Minuten oder bleiben Sie länger sitzen, solange es Ihnen guttut. Öffnen Sie dann Ihre Augen, atmen Sie einige Male tief durch und strecken Sie Ihre Glieder – der Tag, der Abend hat Sie wieder.
Der Weg als Ziel
Meditation gelingt nicht jeden Tag gleich. An manchen Tagen kann man sich nur schwer darauf einlassen und kann den Alltag nicht loslassen. Man sollte sich in diesen Fällen nicht unter Druck setzen. Entspannung und Versenkung lassen sich nicht erzwingen. Der Versuch, unbedingt erfolgreich zu meditieren, ist das Gegenteil einer gelungenen Meditation.
Wer durch Meditation auf eine rasche „Erleuchtung“ hofft, wird zwangsläufig enttäuscht. Meditation erfordert einige Übung, bis sich Entspannung oder gar eine Veränderung des Bewusstseins einstellt. Man sollte sich weder vorschnell entmutigen lassen noch sich selbst unter Druck setzen und etwas Bestimmtes erreichen wollen. Schon das bloße Sitzen und Atmen hat entspannende Wirkung. Langfristige Erfolge im Sinne einer entspannteren, bewussteren Persönlichkeit stellen sich im Laufe der Zeit von selbst ein.
Umgang mit Gedanken
Viele Meditierende streben eine innere Stille an, in der sich die Gedanken beruhigen und möglichst gar nicht auftauchen. Doch oft ist das Gegenteil der Fall. Nicht nur bei Anfängern schweifen die Gedanken wild umher. Hier hilft es, die eigenen Gedanken zu erkennen und zu beobachten. Ist man dazu in der Lage, ist der nächste Schritt, die Gedanken einfach weiterziehen zu lassen, ähnlich weißer Wolken am Sommerhimmel. Man sollte nicht versuchen, sie zu unterdrücken (das ist kaum möglich) oder gar zu bekämpfen, sondern ihr Kommen und Gehen nur ruhig beobachten. Entscheidend ist, sie in der Rolle des Beobachters wahrzunehmen und sich nicht mit ihnen zu identifizieren.
Andere Meditationstechniken
Visualisierung: Bei der Visualisierung wird die Vorstellungskraft genutzt, um bestimmte Bilder oder Szenen zu erschaffen, die beruhigend und inspirierend sind. Eine häufige Visualisierung ist die Vorstellung eines Ortes der Ruhe und des Friedens, wie zum Beispiel eines Strandes oder eines Waldes. Beliebt sind geführte Meditationen, die man sich am besten über Kopfhörer anhört.
Mantras: Bei der Mantra-Meditation wird ein bestimmtes Wort (zum Beispiel: Ohm) oder ein Satz wie „Ich höre die Stille“ ständig wiederholt. Das Mantra kann entweder laut ausgesprochen oder still im Geist wiederholt werden. „Man kann sich Mantras wie einen Bildschirmschoner bei einem Computer vorstellen, der die laufenden Programme überdeckt. Ein Mantra überdeckt die gewohnten, immer wieder kehrenden Gedanken. Mantras können eine starke Wirkung entfalten und die üblichen Gedanken verschwinden in dieser Zeit oft völlig“, erklärt Pichler. Man kann Mantras auch über Kopfhörer anhören.
Positive Auswirkungen
Meditationen fördern eine bewusste Konzentration auf den gegenwärtigen Moment und helfen dabei, den Geist zu beruhigen und negative Gedanken und Emotionen zu reduzieren. Wissenschaftliche Studien belegen positive Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass regelmäßige Meditation den Blutdruck senken, die Konzentration verbessern und Stress reduzieren kann. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Meditation das Gehirn strukturell und funktionell verändern und die emotionale Stabilität und das Wohlbefinden verbessern kann.
„Auch in der Psychotherapie kann Meditation ein wertvolles Werkzeug sein. So erleben es viele Menschen als sehr erleichternd, durch Meditation das Kreisen der Gedanken deutlich reduzieren zu können. Bei Menschen mit Angststörungen kann zudem das Fokussieren auf den gegenwärtigen Augenblick sehr beruhigend wirken. Denn bei der Meditation steht nicht mehr eine befürchtete Zukunft, sondern das Hier und Jetzt im Zentrum der Aufmerksamkeit“, sagt Psychotherapeut Wolfgang Pichler.
Dr. Thomas Hartl
Juni 2023
Bild: fizkes/shutterstock.com