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Tätowierer mit Lasergerät

Tattoos: Entfernen nicht ohne Risiko

Mit der zunehmenden Verbreitung von Tätowierungen steigt auch der Trend, sie wieder los zu werden. Daten zur Bewertung der Sicherheit der Entfernungsmethoden fehlen jedoch bislang. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat mit nun mittels moderner analytischer Methoden die Spaltprodukte bestimmt, die bei der Entfernung mit einem Rubinlaser entstehen: Erstmals wurde Blausäure nach Laserbestrahlung nachgewiesen.

 

Neben anderen Spaltprodukten entsteht bei der Rubinlaserbestrahlung des kupferhaltigen Pigments Phthalocyanin-Blau auch Blausäure. „Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension Stoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug wären, in der Haut Zellschäden zu verursachen“, sagt BfR-Präsident Prof. DDr. Andreas Hensel. Mögliche Risiken können je nach Größe der Tätowierung, Pigmentkonzentration, Körperstelle, Bestrahlungsdosis sowie der verwendeten Wellenlänge des Lasers unterschiedlich sein.

Das BfR sieht weiteren Forschungsbedarf und wird aufgrund der vorgestellten Daten in Zukunft mögliche Spaltprodukte von Farbstoffen bei seiner Risikobewertung berücksichtigen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sowohl über die möglichen Risiken von Tätowierungen als auch der Tattooentfernung umfassend aufgeklärt werden.

 

Abbauprodukte weitgehend unbekannt

Oft wird mit einer Laserbehandlung nicht mehr erwünschten Tätowierungen zu Leibe gerückt. Das Risiko der Fragmentierung von Pigmenten in giftige oder krebserregende Bestandteile nach dieser Behandlung wird derzeit wissenschaftlich erforscht. Die Art der möglichen chemischen Abbauprodukte und deren Langzeitwirkungen im menschlichen Körper sind dabei größtenteils unklar. Bislang sind Daten zum laserbedingten Abbau von in Tätowierungsmitteln verwendeten Pigmenten nur für einige Azofarbstoffen (lichtechte, farbstabile aber synthetische Farbstoffe) verfügbar. Daten zum Zerfall von eher lichtbeständigen Molekülen wie beispielsweise Phthalocyaninen fehlten. So gab es zu Kupfer-Phthalocyanin (auch als Phthalocyanin-Blau oder Pigment B15:3 bekannt) – offenbar derzeit das einzige in Tätowierungen verwendete und auf dem europäischen Markt erhältliche blaue organische Pigment – bisher weder Daten zu seiner Sicherheit als Tätowierungsmittel noch über sein Zerfallsverhalten.

 

Rubinlaser

In der klinischen Dermatologie werden unter anderem Rubinlaser häufig für die Entfernung blauer Tätowierungen verwendet. Dabei wird wellenlängenspezifisch eine hitzebedingte Spaltung des Pigments vorgenommen. In der BfR-Studie wurde der laserinduzierte und temperaturabhängige Abbau des Blaupigments Kupfer-Phthalocyanin simuliert.

Durch Kombination verschiedener herkömmlicher Untersuchungsmethoden (Gaschromatographie, Massenspektrometrie) und einer neu entwickelten Analysemethode, ist es dem BfR gelungen, alle flüchtigen Abbauprodukte verlustfrei durch Aufbereitung und Analyse zu bringen. Dadurch gelang es die erwarteten Verbindungen sehr empfindlich und spezifisch nachzuweisen.

 

Blausäure

Unter all den Verbindungen, die durch Rubinlaserbestrahlung von Kupfer-Phthalocyanin entstehen, ist Blausäure (HCN) aufgrund ihrer starken Zytotoxizität von besonderer Bedeutung. Sie ist seit langem als farbloses, schnell wirkendes giftiges Gas bekannt. Überträgt man die vom BfR nachgewiesenen Mengen an HCN auf die Situation im menschlichen Körper (in vivo), so könnten in bestimmten Gewebsschichten durch Laserbehandlung HCN-Konzentrationen von bis zu 30 Mikrogramm (µg) pro Milliliter (ml) entstehen, so das BfR. Obwohl die orale Einnahme und das Einatmen die häufigsten Arten der Cyanidvergiftung darstellen, sind auch immer wieder Fälle gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach Aufnahme über die Haut beschrieben worden. So ist anzunehmen, dass lokale Pigmentkonzentrationen von ca. 30 μg/ml HCN, die in gut durchbluteten Gewebeschichten auftreten können, ein mögliches gesundheitliches Risiko darstellen, insbesondere dann, wenn extrem große Tätowierungen bestrahlt werden (z.B. am Oberarm auf mehr als 500 cm2).

 

Entfernung

Derzeit gibt es mehrere Verfahren der Tattoo-Entfernung. Allerdings ist der Erfolg nicht garantiert, und es bestehen gesundheitliche Risiken wie Narbenbildung und allergische Reaktionen.

Während die Entfernung mittels Laser zu toxischen Spaltprodukten führen kann, steht bei der chirurgischen Entfernung des entsprechenden Hautareals die Infektionsgefahr im Vordergrund. Dem BfR wurden beispielsweise bereits im Jahr 2011 einzelne Fälle gemeldet, in denen nach der Anwendung flüssiger Tattoo-Entferner unerwünschte Wirkungen aufgetreten sind. In einigen Fällen kam es zu schweren Entzündungsreaktionen der Haut mit Narbenbildung.

Das BfR rät deshalb, Tattooentfernungen nur mittels medizinisch anerkannter Verfahren und von geschultem Personal in entsprechenden Einrichtungen vornehmen zu lassen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten in jedem Fall umfassend über die möglichen Risiken der Tattooentfernung aufgeklärt werden.

Dem BfR liegt keine vollständige Liste der Verfahren vor, mit denen Tattoos entfernt werden können. Es werden immer wieder neue Methoden entwickelt, eine Meldepflicht an Behörden oder eine behördliche Prüfung dieser Methoden gibt es nicht.

 

Gesundheitliche Risiken durch Entfernung

Methoden, Tattoos zu entfernen, schließen Hautabschleifungen (Dermabrasion), operatives Entfernen von Gewebe (Exzision), Anwendung hochkonzentrierter Milchsäure und Laser-Behandlung ein. Allerdings ist die vollständige Entfernung der Tätowierung häufig nicht möglich.

 

Bei der Dermabrasion wird die Haut abgeschliffen, bis das Tattoo abgetragen ist. Durch die entstehende großflächige Wunde besteht ein hohes Infektionsrisiko. Weiterhin ist die Gefahr der Narbenbildung und Depigmentierung (Verminderung des Pigments Melanin in der Haut) hoch.

 

Die operative Entfernung (operative Exzision) von Tattoos führt ebenfalls zur Narbenbildung und ist mit dem Risiko einer Infektion behaftet. An den Extremitäten ist oft wenig Gewebe vorhanden, so dass großflächiger Tattoos nicht auf einmal entfernt werden können, ohne die Wundheilung zu gefährden. Durch wiederholte Eingriffe steigt die Infektionsgefahr.

 

Zur Tattoo-Entfernung wird auch konzentrierte Milchsäure eingesetzt. Der Einsatz solcher Tattoo-Entfernungsmittel ist aufgrund der Reizwirkung von Milchsäure hoher Konzentration (40 %) mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Bereits bei einer Konzentration von 20 % Milchsäure treten Reizwirkungen an Haut und Schleimhaut auf. Am Auge ist dies schon bei einer Konzentration von 10 % Milchsäure möglich. Durch die Anwendung hochkonzentrierter Milchsäure kann es zu teils schweren Entzündungsreaktionen mit Narbenbildung kommen.

 

Zur Tattoo-Entfernung werden auch sogenannte Quality-switched-Laser angewendet (Laser-Tattoo-Entfernung). Dabei wird ein hochenergetischer Lichtimpuls von extrem kurzer Dauer, im Nanosekunden-Bereich, freigesetzt. Im Idealfall wird nur das Zielobjekt aufgeheizt und fragmentiert, das umgebende Gewebe bleibt unverletzt. Es gibt unterschiedliche Arten Q-Switched-Laser, die Licht unterschiedlicher Wellenlänge abgeben und demzufolge auch nur bestimmte Farbmittel zerstören können. Am besten sprechen schwarze und dunkelblaue Pigmente auf die Laserimpulse an, gefolgt von grünen Pigmenten. Bei roten Pigmenten ist die Wirksamkeit abhängig von der chemischen Struktur, weiße, gelbe, orange, pink- und fleischfarbene Pigmente sind durch Laser häufig schlecht auflösbar. Bei manchen Pigmenten kommt es durch die Laserbehandlung nicht zum Abbau, sondern zur Abdunkelung bzw. Schwärzung. Enthält eine Tattoo-Farbe Titandioxid, besteht die Möglichkeit, dass ein Tattoo nicht auf die Laserbehandlung anspricht.

 

Direkt nach Anwendung des Lasers sind Rötungen, Blasenbildung, Verkrustungen und Ab-schuppungen möglich. Außerdem kann es zur Narbenbildung infolge der Laserbehandlung kommen, dies ist aber selten. Bei unhygienischer Arbeit können durch die entstehende Wunde Infektionskeime eindringen.

 

Durch die Zerstörung des Pigmentes infolge der Laserbehandlung können genotoxische Spaltprodukte entstehen; dies wurde z.B. für Azo-Farbstoffe beschrieben. Auch die Pigment-enthaltenden Zellen werden durch die Laser-Behandlung zerstört. Das führt dazu, dass Spaltprodukte in den Extrazellulärraum freigesetzt werden, soweit das Pigment nicht sowieso extrazellulär lokalisiert war. Es kommt zu einer entzündlichen Infiltration mit Makrophagen, und ein Teil der Abbauprodukte wird über Makrophagen abtransportiert. Auch in Lymphknoten wurde Pigment lokalisiert, über das lymphatische System können das Pigment und seine möglicherweise giftigen Abbauprodukte im Körper verteilt werden.

 

Ein weiteres Problem bei der Laserbehandlung ist das Entstehen allergischer Reaktionen auf das Pigment oder seine Abbauprodukte, die bis zum anaphylaktischen Schock gehen können. Durch die Zerstörung der Zellen und Freisetzung der Pigmente bzw. Spaltprodukte wird das Immunsystem aktiv. Diese Reaktionen können unmittelbar nach der Behandlung, aber auch nach einer Stunde auftreten. Ärzte empfehlen, Patienten vor der Laserbehandlung mit oralen Kortikosteroiden und Antihistaminen zu behandeln, um diesen Reaktionen vorzubeugen; einige Ärzte lehnen eine Tattoo-Entfernung mittels Laser bei bekannter Allergie gegen Tätowiermittel ab.

 

Mag. Christian Boukal

September 2015

 

Foto: shutterstock

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020