25 Prozent der österreichischen Pkw-Lenker halten auf Autobahnen einen Abstand von weniger als 0,8 Sekunden. Das KfV hat österreichweit das Abstandsverhalten von mehr als 4.000 Autofahrern beobachtet.
Mut zur Lücke
Gerade jetzt, wenn die Sicht- und Straßenverhältnisse wieder schwieriger werden, sollte man „Mut zur Lücke“ beweisen, rät Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV). Bei Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h sollte ein Abstand zum Vordermann von mindestens drei Sekunden eingehalten werden.
Drei Sekunden Mindestabstand
Wird dieser Sicherheitsabstand nicht eingehalten, droht bei einem plötzlichen Bremsen des Vordermannes ein Auffahrunfall, so Thann. „Wer permanent auf extreme Tuchfühlung geht, reißt im Ernstfall nicht nur sich selbst ins Verderben“, appelliert Thann an die Hochrisikolenker. „Diese Autofahrer machen das Leben der Insassen im vorausfahrenden Fahrzeug von ihrer Drängelei abhängig und auch das Leben der Nachkommenden, die bei einer Karambolage nicht mehr rechtzeitig ausweichen können.“
Die Realität sieht anders aus
In der Realität werden allerdings sogar acht Zehntelsekunden Abstand oft unterschritten. Rund ein Viertel der österreichischen Pkw-Lenker, die auf der Autobahn auf dem ersten – also äußerst rechten Spur –Fahrstreifen bei einem Tempolimit von 130 km/h unterwegs sind, unterschreiten diesen Abstand. „Muss der vorausfahrende Fahrzeuglenker eine Vollbremsung einleiten, prallt so ein Drängler unweigerlich auf den Vordermann –mit einer Restgeschwindigkeit von rund 40 km/ h“, rechnet Thann vor. „Durch Monotonie und Müdigkeit sind auf Autobahnen auch Reaktionszeiten von zwei Sekunden nicht ungewöhnlich, in diesem Fall würde die Aufprallgeschwindigkeit bereits bei fast 100 km/h liegen – und das endet in den meisten Fällen tödlich.“ Wie das KfV beobachten konnte, halten die Autofahrer insgesamt auf Autobahnen einen Zeitabstand von durchschnittlich 1,33 Sekunden ein.
Der zeitliche Abstand nimmt mit höherer Geschwindigkeit ab
Paradox ist das Ergebnis der KfV-Untersuchung: Je schneller Autofahrer unterwegs sind, desto knapper fahren sie auf den Vordermann auf. Liegt der zeitliche Abstand zum vorausfahrenden Auto auf der Autobahn noch bei 1,33 Sekunden, so halten die Autofahrer auf der Landstrasse bei einem Tempolimit von 100 km/h einen durchschnittlichen Abstand von 1,64 Sekunden ein.
Erst im Ortsgebiet am wenigsten Drängler
Die empfohlenen Mindestabstände halten die österreichischen Autolenker am ehesten noch im Ortsgebiet ein. In Stadt und Dorf wird dem vorausfahrenden Fahrzeug im Schnitt immerhin ein Vorsprung von 1,83 Sekunden gegönnt. Im Ortsgebiet ist auch der Anteil der extremen Drängler, die maximal 0,8 Sekunden Abstand halten, mit rund fünf Prozent am geringsten.
Auffahrunfälle
Von Jänner bis Juli 2006 wurden in Österreich 4.995 Auffahrunfälle mit 6.994 Verletzten gezählt. Das entspricht etwa einem Viertel aller Unfälle mit Personenschaden und Verletzten in diesem Zeitraum. Dabei wurden 32 Menschen getötet.
Besonders augenfällig wird der Zusammenhang von hoher Geschwindigkeit und geringem Abstand bei Unfällen auf der Autobahn: Rund 43 Prozent der 1.208 Unfälle auf Autobahnen im genannten Zeitraum waren Auffahrunfälle. 15 der 51 auf Autobahnen getöteten Menschen waren darin verwickelt.
Drängeln wird bestraft: Unzureichender Sicherheitsabstand von 0,2 - 0,39 Sekunden
In der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Pflicht zum Einhalten eines Sicherheitsabstandes festgeschrieben: Ein Lenker muss jederzeit anhalten können, auch wenn das Kfz vor ihm plötzlich abbremst. Wird ein unzureichender Sicherheitsabstand von 0,2 bis 0,39 Sekunden gemessen, gibt es eine Vormerkung im Führerscheinregister (Anm.: 0,2 Sekunden entsprechen bei 130 km/h etwa 7,2 Meter oder eineinhalb Autolängen). Zusätzlich können diese Drängler mit einer Strafe von bis zu 2.180 Euro belegt werden. Ein Sicherheitsabstand von weniger als 0,2 Sekunden ist ein „Entzugsdelikt“, der Führerschein wird für mindestens drei Monate entzogen.
Mag. Christian Boukal
Oktober 2006
Foto: Bilderbox