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Fazialisparese: Mysteriöse Gesichtslähmung

Fazialisparese: Mysteriöse GesichtslähmungDer Mundwinkel hängt nach unten, das Augenlid schließt nicht vollständig und die Nase kann nicht gerümpft werden – typische Symptome einer Gesichts-lähmung. Welche Ursachen eine Fazialisparese hat und welche Behandlungsmöglichkeiten in Frage kommen, erklärt Dr. Christian Walch von der Medizinischen Universität Graz.

Damit sich die Muskulatur bewegen kann, müssen Nerven die Informationen vom Gehirn zu den jeweiligen Muskeln leiten. So auch im Gesicht: Dort wird die Muskulatur vom Gesichtsnerv, auch Nervus facialis genannt, versorgt. Erhält die Muskulatur nun aber keine Informationen, weil der Nerv oder die entsprechenden Hirnareale geschädigt sind, kommt es zur Lähmung der Gesichtsmuskulatur, was in der Fachsprache als Fazialisparese bezeichnet wird.

„Man unterscheidet zwischen der zentralen und peripheren Gesichtslähmung. Erstgenannte ist auf Schädigungen im Gehirn zurückzuführen. Häufige Ursache ist ein Schlaganfall. Die periphere Fazialisparese hingegen wird durch eine Lähmung der äußeren Anteile des Gesichtsnervs hervorgerufen“, erklärt Dr. Christian Walch, Leiter der klinischen Abteilung für Neurootologie der Medizinischen Universität Graz.

Erstes Anzeichen: fehlender Lippenschluss

Betroffen können eine oder beide Gesichtshälften sein, was zu Beeinträchtigungen der Bewegungen von Stirn, Augenlid, Wange, Nase oder Lippen führen kann. Die periphere Gesichtslähmung setzt meist rasch ein: „Erstes Anzeichen ist häufig der fehlende Lippenschluss beim Trinken. Betroffene können nicht mehr Pfeifen oder die Nase rümpfen“, so der Mediziner. Menschen mit peripherer Gesichtslähmung sind meist auch nicht mehr in der Lage, die Stirn zu runzeln oder das Auge durch das Lid vollständig zu schließen. „Das kann zur Austrocknung der Hornhaut und in weiterer Folge zu Augenschäden führen“, erklärt der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten. Häufig steht auch der Mundwinkel tief oder die Kommunikation ist beeinträchtigt, da das Sprechen Probleme bereitet. Ist die Speichelproduktion vermindert, können Geschmacksstörungen auftreten.

Infektionen als mögliche Ursache

„Bei den meisten peripheren Gesichtslähmungen ist die Ursache nicht bekannt. Man spricht dann von einer idiopathischen Fazialisparese“, weiß der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten. Als mögliche Gründe für das Entstehen der Gesichtslähmung zieht man bakterielle oder virale Infektionen in Betracht. „So kann beispielsweise die Reaktivierung von Herpes-Viren, die an den Enden der Nerven sitzen, zu Funktionseinschränkungen führen“, erklärt Walch. Auch Schädigungen des Gesichtsnervs durch Ohrenentzündungen oder Verletzungen durch Operationen können zu einer peripheren Gesichtslähmung führen. Schädel-Hirn-Traumen, Schlaganfälle oder Hirntumoren sind mögliche Ursachen der zentralen Gesichtslähmung.

Gute Prognose: Rückbildung in 90 Prozent der Fälle

„Eine idiopathische Fazialisparese lässt sich nur symptomatisch mit Augentropfen oder -salben, einem Uhrglasverband, der das Auge feucht hält, einem Vitamin-B-Komplex zur Stimulierung der Nerven oder einem Virustatikum bei Verdacht einer Herpes-Infektion behandeln“, erläutert Dr. Christian Walch. Mut macht die gute Prognose: „Über 90 Prozent der Gesichtslähmungen bilden sich innerhalb von vier bis acht Wochen von selbst zurück“, erklärt der Mediziner. Gesichtsmuskeltraining in Form von mimischen Bewegungsübungen gemeinsam mit einem Physiotherapeuten oder Logopäden verspricht ebenfalls Hilfe. Bildet sich die Gesichtslähmung nicht zurück, gibt es chirurgische Möglichkeiten der Behandlung. Bei der zentralen Fazialisparese steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund.

MMag. Birgit Koxeder

April 2011

Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020