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Hörgeräte: Implantierte Helfer

Hörgeräte: Implantierte Helfer„Wie bitte?“ – Die Frage gehört für viele Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen zum Alltag. Abhilfe schaffen vor allem externe Hörgeräte. Mittlerweile besteht jedoch sogar die Möglichkeit, Hörgeräte fast unsichtbar zu implantierten. Wie das funktioniert, erklärt Dr. Christoph Arnoldner.

In Europa leiden 60 Millionen Menschen unter Schwerhörigkeit. „Schätzungen zufolge solle die Zahl in den nächsten 40 Jahren auf 900 Millionen steigen. In Österreich sind es über eine Million Menschen“, sagt Prof. PD Dr. Christoph Arnoldner von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Medizinischen Universität Wien.

Schlechter Hören im Alter

Dass sich das Hörvermögen im Laufe der Zeit vermindert, ist meist völlig normal. Die Altersschwerhörigkeit – sie tritt oft ab dem 50. oder 60. Lebensjahrzehnt auf – beruht auf einer Verschlechterung der Hörsinneszellen. Als Ursache kommen genetische Faktoren in Frage. Aber auch ein Bluthochdruck (Hypertonie) sowie die Einnahme bestimmter Medikamente oder Diabetes (Zuckerkrankheit) können das schwindende Hörvermögen begünstigen.

Lärm schädigt Ohren

Daneben kann auch eine starke, andauernde Lärmbelästigung dazu führen, dass man schlechter hört. Von der sogenannten Lärmschwerhörigkeit sind mittlerweile auch immer mehr junge Menschen betroffen. „Die Welt, in der wir leben, wird jedes Jahr messbar lauter. Zusätzlich trägt unser Lebensstil mit lauten Konzerten und das ständige Tragen von MP3-Playern dazu bei, dass Erkrankungen des Ohres wie Schwerhörigkeit, Tinnitus oder Schwindel markant zunehmen und auf dem besten Weg sind, zu einer Volkskrankheit zu werden“, so Arnoldner. Sowohl die Alters- als auch die Lärmschwerhörigkeit zählen zu den Schallempfindungsstörungen. Bei Schallleitungsstörungen hingegen liegen Störungen der Schallübertragung im Außen- oder im Mittelohr vor (z. B. aufgrund eines verengten Gehörganges).

Eine Schwerhörigkeit bedeutet aber nicht nur, schlechter zu hören. Damit verbunden sind häufig auch Probleme bei der Kommunikation, mit dem Gleichgewicht oder bei der räumlichen Orientierung, was letztlich die Lebensqualität einschränkt und eine Behandlung notwendig macht.

Unsichtbare Helfer

Heute gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen, externen Hörgeräten. Hinzu kommen mittlerweile auch Geräte, die implantiert werden. „Sie sind für die verschiedensten Arten und Schweregrade von Schwerhörigkeit geeignet. Das Spektrum reicht von Mittelohrimplantaten für eine leicht- bis mittelgradige Schwerhörigkeit bei Patienten, die normale Hörgerate nicht vertragen oder bei denen diese keinen Nutzen haben. Innenohrimplantate, sogenannte Cochlea Implantate, sind für hochgradig schwerhörige und taube Menschen geeignet. Ihnen kann mithilfe der Implantate ein annähernd normales Hören verschafft werden. Auch taub geborene Kinder können so – wenn die Implantation in den ersten Lebensjahren stattfindet – ein annähernd normales Leben führen und vor allem normal sprechen lernen. Knochenverankerte Hörgerate helfen Menschen mit einseitiger Taubheit oder bei oftmals voroperierten Ohren, etwa nach Radikaloperationen“, erklärt der Mediziner.

Funktionsweise vollimplantierter Hörgeräte

Implantierte Hörhilfen bestehen aus einem kleinen, externen Gerät, das hinter dem Ohr oder am Kopf unter den Haaren getragen und magnetisch durch die intakte Haut über dem Implantat gehalten wird. Es nimmt den Schall auf und wandelt ihn in elektrische Impulse um. Diese wiederum werden durch die Haut an das Implantat, das während einer Operation im Knochen hinter dem Ohr eingesetzt wird, geschickt. „Der Höreindruck wird durch die Verstärkung der Schwingung der Ohrknöchelchen oder durch elektrische Stimulation des Hörnervens direkt erzeugt“, so der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. Beim Schwimmen oder Duschen wird der externe Teil der Hörhilfe einfach abgenommen.

Vorteile implantierter Geräte

Implantierte Hörgeräte haben zahlreiche Vorteile: Der Gehörgang bleibt frei, was nicht nur ein besseres Tragegefühl bewirkt, sondern auch kosmetische Vorzüge für den Patienten hat. „Zudem kann es zu keinen Irritationen der Gehörgangshaut kommen. Außerdem sind die Geräte aufgrund ihres Vermögens der effektiveren und besseren akustischen Verstärkung anderen Geräten überlegen“, ergänzt Arnoldner.

Risikoarme Eingriff in Vollnarkose

Der Eingriff dauert in der Regel zwei Stunden und erfolgt in Vollnarkose. „Für speziell geschulte Ohrchirurgen ist dies heute ein Standardeingriff mit einer sehr geringen Komplikationsrate“, so der Facharzt. Zirka vier Wochen nach der Operation wird das Implantat aktiviert und die Patienten können sich auf das neue Hörerlebnis einlassen.

MMag. Birgit Koxeder
November 2012


Foto: Bilderbox

Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2020