Helmquote stagniert bei niedrigen 37 Prozent
Experten rechnen für die heurige Wintersaison in Österreich mit 2.000 bis 3.000 Spitalsaufenthalten nach Rodelunfällen. Empfindlichster Körperteil für schwere Verletzungen ist eindeutig der Kopf. Erhebungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zeigen allerdings ein ernüchterndes Bild: Während die Helmtragequote auf Österreichs Skipisten bereits bei mehr als 90 Prozent liegt, pendelt sie auf Rodelpisten weiter unter 40 Prozent.
Die Rodelsaison 2022/23 ist noch einige Zeit im Laufen, doch es hat in Österreich bereits etliche schwere Unfälle mit Schlitten gegeben. Zu schweren Verletzungen führt immer wieder folgendes Szenario: Eltern gehorchen intuitiv ihrem Beschützerinstinkt und platzieren ihr Kleinkind vor sich sitzend auf der Rodel, damit sie es besser im Blick behalten. Im Fall eines Aufpralls auf ein Hindernis ist das Verletzungsrisiko für die Kinder allerdings deutlich geringer, wenn diese hinten sitzen. Das haben computersimulierte Crashtests von KFV und TU Graz ergeben. Hinten sitzende Kinder prallen nämlich nicht direkt auf die oft sehr harten Hindernisse, sondern auf den Rücken des Erwachsenen. Vorne sitzende Kinder würden hingegen durch die Wucht des Aufpralls vom Elternteil noch zusätzlich gegen das Hindernis gedrückt.
Niedrige Helm-Quote
KFV-Tests haben zudem eindeutig ergeben, dass ein Helm das Verletzungsrisiko bei einem Aufprall mit dem Kopf deutlich reduziert. Allerdings ist die Helm-Disziplin in Österreich noch äußerst gering, wie Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit im KFV, weiß: „Wir führen regelmäßig auf den Ski- und Rodelpisten in ganz Österreich Standarderhebungen durch. Daher wissen wir, dass sich zwar die ohnehin schon hohe Helmtragequote auf den Skipisten in den vergangenen Jahren weiter verbessert hat. Auf den Rodelpisten stagniert allerdings der Anteil seit Jahren auf niedrigem Niveau“, warnt die Expertin. Demnach haben in den vergangenen sieben Jahren durchschnittlich mehr als 93 Prozent auf den Skipisten in Österreich einen Helm getragen, auf den Rodelpisten waren es nur 37 Prozent.
Häufige Knochenbrüche
„Wir rechnen für die laufende Wintersaison damit, dass zirka 2.000 bis 3.000 Personen aufgrund von Unfällen mit Rodeln oder Bobs im Krankenhaus behandelt werden müssen“, erklärt Dr. Trauner-Karner. Knochenbrüche (65%) sowie Sehnen- und Muskelverletzungen (14%) rangieren unter den Verletzungen beim Rodeln im Zehn-Jahres-Durchschnitt an der Spitze. Rund jeder fünfte Rodelunfall basiert auf einem Zusammenprall mit Personen, Bäumen, Schneewänden oder anderen Hindernissen. Kollisionen sind sogar der Hauptgrund für besonders schwere Verletzungen.
Gutes Beispiel
Die Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit im KFV appelliert daher angesichts der Unfallzahlen an die Erwachsenen, mit gutem Beispiel voranzugehen. „Bitte tragen Sie unbedingt einen Helm und achten Sie darauf, dass das auch Ihre Kinder tun. Rodeln ist zwar ein wunderbares Freizeitvergnügen, aber es ist entgegen dem Klischee keine ungefährliche Sportart. Unsere Tests haben gezeigt, dass bereits bei einem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h ohne Helm schwerste Verletzungen entstehen können.“
Präventionstipps des KFV für sicheres Rodelvergnügen:
- Gute Grundausrüstung ist wichtig: Winterfeste Kleidung, Handschuhe, festes Schuhwerk, Skibrille und Helm sollten beim Rodelausflug nicht fehlen.
- Vor der Benutzung die Rodel auf Schäden überprüfen.
- Sperren und Warnhinweise dürfen keinesfalls ignoriert werden.
- Nur bei guter körperlicher Konstitution die Rodelpiste benutzen.
- Falls der Aufstieg zu Fuß erfolgt, sollte man möglichst am Rand der Rodelbahn gehen, um die Bahn freizuhalten. Auch bei der Abfahrt ist Rücksicht auf andere sehr wichtig.
- Die Wahl der Abfahrtsstrecke und Abfahrtsgeschwindigkeit sollten dem eigenen Können entsprechen.
- Nicht mit dem Kopf voran rodeln. Sitzen man zu zweit auf der Rodel, sollte die kräftigere/schwerere Person vorne sitzen.
- Der Konsum von Alkohol ist vor oder beim Rodeln tabu.
- Auf Nachtrodelpisten ist eine Stirnlampe und reflektierende Kleidung empfehlenswert.
- Die Art des Bremsens ist laut KFV-Tests ausschlaggebend. Den kürzesten Bremsweg (bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h) gab es mit speziellen Rodelhandbremsen (7 Meter), dann folgen Aufkanten (8,7 Meter), das Bremsen mit Spikes an den Schuhen (10 Meter) sowie das Bremsen mit Winterschuhen (14,7 Meter).
- Wer mit Winterschuhen bremst, sollte nicht mit den Fersen bremsen, sondern die kompletten Fußsohlen dicht neben den Kufen auf die Rodelbahn aufsetzen.
Kuratorium für Verkehrssicherheit/ Red.
Februar 2023
Bilder: Juice Verve/anyavegetus/shutterstock.com