Schlaganfälle sind die häufigste Ursache von Behinderungen und die dritthäufigste Todesursache. Doch ein Schlaganfall ist kein Schicksal. Nicht rauchen, sich viel bewegen und gesund ernähren – mit einfachen Maßnahmen wie diesen hat es jeder selbst in der Hand, sein Schlaganfallrisiko deutlich zu verringern.
Der medizinische Fortschritt hilft die Folgen eines Schlaganfalles zu reduzieren. Eine sofortige notärztliche Hilfe und eine umfassende Rehabilitation helfen dabei, die Folgen abzufedern. Doch der einzige sichere Weg, von den drastischen Folgen verschont zu bleiben, ist die Vorbeugung.
Die gute Nachricht: Ein Schlaganfall ist meist kein Schicksal, dem man hilflos ausgeliefert ist. „Da die meisten Risikofaktoren dem eigenen Lebensstil geschuldet sind, hat man es auch selbst in der Hand, etwas dagegen zu tun. Mit den richtigen Änderungen der eigenen Lebensführung lässt sich das Schlaganfallrisiko um 80 Prozent senken“, sagt Oberarzt Dr. Milan Vosko, Leiter der Stroke Unit am Kepler Universitätsklinikum in Linz.
Arten des Schlaganfalls
Man unterscheidet prinzipiell zwei Arten von Schlaganfällen:
- Durchblutungsstörungen des Gehirns (ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt genannt): Diese machen die Mehrheit aller Schlaganfälle aus. Sie werden meist durch die Verstopfung eines zum Gehirn führenden Blutgefäßes verursacht. Bei einer Thrombose einer Hirnvene, was deutlich seltener vorkommt, kommt es zur Blutabflussstörung und sekundär auch zu einer Hirn-Ischämie[SC1] .
- Hirnblutungen: Bei einem Schlaganfall als Folge einer Hirnblutung tritt Blut durch eine geplatzte Ader in das Hirngewebe oder in den Raum zwischen Schädelknochen und Hirn ein. Das passiert häufig infolge von Bluthochdruck oder aufgrund von Gefäßanomalien.
Von einem Schlaganfall können sowohl die großen Blutgefäße als auch die winzigen Kapillargefäße im Gehirn betroffen sein. Vor allem bei Rauchern und bei Bluthochdruck verdicken sich die Gefäßwände der Kapillaren (die ohnehin schon sehr klein sind) und verschließen sich dadurch von innen her. Infolgedessen stirbt Gewebe ab und es kann zu vielfältigen Folgen kommen – etwa Sprachverlust, Lähmungserscheinungen, plötzlichen Sehstörungen oder Schwindel.
Risikofaktoren
Die Annahme, dass einen nur im hohen Alter „der Schlag treffen“ könne, ist weit verbreitet, aber falsch. Fünf Prozent aller Schlaganfallpatienten sind jünger als 45 Jahre. Selbst Kinder und Jugendliche sind manchmal betroffen. Während bei jungen Menschen Schlaganfälle vor allem aufgrund einer genetischen Neigung zu Thrombosen (Thrombophilie), infolge von Verletzungen an Blutgefäßen oder infolge von Veränderungen am Herzen auftreten, sind Schlaganfälle bei Menschen ab 60 Jahren, also der großen Mehrheit, vor allem den Auswirkungen des persönlichen Lebensstils der vorangegangenen Jahre geschuldet. Die größten Risikofaktoren lauten:
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Mangelnde Bewegung
- Hohe Blutfettwerte
- Diabetes mellitus
- Vorhofflimmern (tritt vor allem im höheren Alter auf; es können sich im Herzen kleine Blutgerinnsel bilden, welche mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen und die Hirngefäße verstopfen können).
Häufig liegen gleich mehrere Risikofaktoren vor, welche sich zudem gegenseitig verstärken. Je mehr Faktoren vorliegen, desto größer ist das Risiko. Ein Beispiel: Wer sich kaum bewegt, raucht und ungesund isst, neigt zu Übergewicht, Bluthochdruck, hohen Blutfettwerten und auch zu Diabetes und hat ein deutlich erhöhtes Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Blutdruck unter Kontrolle bringen
Bluthochdruck ist der Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall. Ein chronisch hoher Blutdruck verursacht Schäden an den Gefäßwänden und fördert die Entstehung der Arteriosklerose. Je höher der Blutdruck ist und je länger er unerkannt und unbehandelt bleibt, desto größer ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
Deshalb ist es wichtig, den Blutdruck öfter zu messen. Ist der Blutdruck regelmäßig höher als 140/80 mmHg, spricht man von Bluthochdruck. Bei bestimmten Gruppen liegen die angepeilten Werte auch niedriger. Bei Diabetikern liegen die Grenzwerte bei 130/70 mmHg.
Blutdrucksenkung kann durch Gewichtsreduktion, gesunde Ernährung, Bewegung, Rauchstopp, weniger Alkohol und Stress gelingen. Sinkt der Blutdruck dadurch aber nicht ausreichend, werden Medikamente empfohlen. „In der Realität ist es leider so, dass viele Patienten keine Tabletten nehmen wollen. Und das ist wirklich ein Fehler, denn die Wissenschaft belegt eindeutig, dass Schlaganfälle viel seltener auftreten, wenn der Blutdruck unter Kontrolle ist. Die Medikamente sollten unbedingt konsequent eingenommen werden.“, sagt Dr. Vosko.
Blutfette senken
Große Studien belegen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem vorhandenen Ausmaß an Blutfetten und dem Schlaganfallrisiko. Besonders Augenmerk gilt dem „schlechten“ Cholesterinwert LDL. Je höher er ist, desto größer ist das Risiko für Schlaganfall und auch Herzinfarkt. In früheren Jahren ging man davon aus, dass das „gute“ Cholesterin HDL ein Zuviel des „schlechten“ LDL kompensieren könne. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit Atherosklerose ist die Medizin von dieser Meinung mittlerweile wieder abgerückt.
Wem es nicht gelingt, mittels Lebensstilmaßnahmen (gesunde Ernährung, Bewegung und Rauchstopp) seinen LDL-Wert auf ein normales Ausmaß zu senken, dem stehen mehrere Medikamente zur Auswahl. „In den letzten Jahren gab es auf diesem Gebiet eine echte Revolution. Es stehen nun moderne Medikamente zur Verfügung, welche die Fette wirklich effektiv senken. Tabletten, wie Statine, Ezetimib oder Bempedoinsäure sind alleine oder in Kombination sehr effektiv und nebenwirkungsarm.
Nicht rauchen!
„Rauchen ist absolut tödlich für die Gefäße“, warnt der Schlaganfallexperte. Denn Zigaretten vermindern die Durchblutung des Körpers. Mit der Zeit werden die Blutgefäße steifer und auch die Hirndurchblutung nimmt ab. Die gute Nachricht: Stoppt man das Rauchen, nimmt auch das Schlaganfallrisiko wieder ab. Nach nur fünf rauchfreien Jahren liegt es wieder auf dem Niveau eines Nichtrauchers.
Achtung! Besonders gefährlich ist die Kombination von Rauchen und der Einnahme der Anti-Baby-Pille. Dr. Vosko: „Das sollte ein No-Go sein, denn das erhöht das Thromboserisiko deutlich.“ Bei täglich mehr als zehn Zigaretten steigt das Thromboserisiko laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sogar um das 20-Fache.
Gesund ernähren
Eine ausgewogene und gesunde Ernährung reduziert das Risiko für Schlaganfälle. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die sogenannte Mittelmeerdiät besonders positiv wirkt. Sie besteht aus viel Obst, Gemüse, Fisch und Olivenöl und enthält ausreichend Omega 3-Fettsäuren. Auch Nüsse und Vollkornprodukte sind zu empfehlen. Vermeiden sollte man rotes Fleisch, stark verarbeitete Lebensmittel, Weißbrot und zugesetzten Zucker. Alkohol sollte nur in geringen Mengen getrunken werden.
Körperlich aktiv sein
Wer im Sitzen arbeitet und sich auch sonst nur wenig bewegt, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, an Bluthochdruck und Arteriosklerose zu erkranken. Bewegung hingegen bringt viele Vorteile mit sich: Man baut Übergewicht ab, verbessert die Blutdruck- und Blutfettwerte und hält die Gefäße elastisch. „Ideal ist es, wenn man sich pro Woche zweieinhalb Stunden sportlich bewegt, am besten aufgeteilt auf vier Tage pro Woche. Optimal ist eine Ausdauerbelastung, bei der man leicht ins Schwitzen gerät. Joggen, Walken, Rad fahren oder Laufen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man seinen Körper an der frischen Luft in Schwung bringen kann“, sagt Dr. Vosko. Dauer und Intensität sollten an den individuellen Fitnesszustand angepasst werden.
Weg mit dem Dauerdruck
Fallweise psychische Belastungen, negative Emotionen und beruflicher Stress gehören zum Leben und sind nichts Schlimmes. Dauerhafte negative Belastungen dagegen erhöhen den Blutdruck und sind damit indirekt ein Risikofaktor für Schlaganfall. Ein Rezept gegen chronische Belastungen gibt es nicht. Jeder sollte für sich herausfinden, was ihn belastet und wie er damit am besten umgehen beziehungsweise die Belastungen reduzieren kann. Typische Möglichkeiten sind Sport, ein geliebtes Hobby oder Entspannungstechniken wie Meditation, Progressive Muskelentspannung oder Yoga. Im Bedarfsfall sollte man sich nicht scheuen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Dr. Thomas Hartl
Mai 2023
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